Mitten in Dachau:Billige Lügen

Es gibt großartige Beispiele von Fälschungen - aber nicht im Supermarktregal

Von Viktoria Großmann

Lüge von Wahrheit, Echtes vom Falschen zu unterscheiden gehört zu den Aufgaben des Lebens, an denen auch Fortgeschrittene oft scheitern. Nicht selten fällt es Menschen mit zunehmendem Alter sogar schwerer, Täuschungen zu erkennen - man denke an den seit Jahrzehnten erfolgreichen Enkeltrick mit dem angebliche Verwandte telefonisch Geld erbitten. Bis vor einigen Jahren fiel eine ganze Kunsthändlergesellschaft immer wieder auf Fälschungen ein und desselben Mannes herein, dessen Bilder im Stile der expressionistischen Maler Heinrich Campendonk oder Max Ernst schon eine eigene Leistung sind und dessen Leben in Form eines Kinofilms zur Kunstform erhoben wurde.

Denn es gibt verschiedene Formen der Täuschung. Eine davon lässt sich am ehesten - Entschuldigung - mit dem Wort "Verarsche" beschreiben. Selbst dem Duden fällt dafür kein passendes Synonym ein. Man wird diese seltener auf dem Kunstmarkt, dafür häufiger im Supermarkt finden. Sie versteckt sich hinter Begriffen wie "original" und "Hausrezept". Die Verbraucherzentrale und regionale Erzeuger, wie nun die Dachauer Metzger, werden nicht müde, Lebensmittelfälschungen anzuprangern. Sei es viel zu billiges Fleisch, gefälschtes Pesto oder künstliches Erdbeeraroma. Lebensmittellügen sind unappetitlich, aber billig. Ihr geringer Preis macht die Fälschungen verführerisch. Das Echte zu erkennen, mag schwierig sein, doch zur Lüge braucht es dennoch zwei: einen, der sie in die Welt setzt und einen, der bereit ist, sie zu kaufen.

© SZ vom 10.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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