Reischls Brandbrief:Weit von der Basis entfernt

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Das Kalkül der CSU in Landtag und Bundestag ist nicht aufgegangen. Sie verliert nicht nur Wähler, sondern nun auch die eigene Basis

Von Helmut Zeller

Die CSU müsste Bürgermeister Reischl eigentlich dankbar sein, hat er doch laut - und pointiert - ausgesprochen, was eine zunehmende Zahl von Parteimitgliedern an der Basis in ihrem wachsendem Unmut nicht mehr hinnehmen will. Doch es grenzt schon an Naivität, würde man jetzt ernsthaft glauben, die Parteiführung in München würde auf die mahnende Stimmen hören und ihren Kurs ändern. In der CSU geht die Angst vor der AfD um - die einzige Reaktion, die Söder & Co darauf einfiel, ist ein Anbiederungskurs bei den Wählern ganz rechts - bis über die Schmerzgrenze hinaus, auf jeden Fall bei Bürgermeister Reischl. Und nicht nur bei ihm. Nach 49 Jahren ist der ehemalige Schweinfurter Landrat Harald Leitherer aus der CSU ausgetreten - und nicht nur in Hebertshausen, im ganzen Landkreis Dachau gärt es gewaltig. Gut möglich, dass andere Reischl folgen werden.

Das Kalkül geht nicht auf. Das zeigen die schlechten Umfragewerte der CSU in Bayern. Im Gegenteil: Die paar Stimmen, die man rechtspopulistisch vielleicht einfängt, zählen nicht, weil die Partei drauf und dran ist die Mitte zu verlieren - dafür steht Reischl, der zwar (noch) nicht ausgetreten ist, auch die Zustimmung, die seine Erklärung bei einem Kollegen wie Peter Felbermeier findet. Der liberale Flügel in der CSU hadert ohnehin mit Ministerpräsident Markus Söder. Kreisvorsitzender Bernhard Seidenath steht vor einem Scherbenhaufen: Er muss den Kreisverband einig in die Landtagswahl führen. Darauf kann er jetzt nicht setzen - in früheren Zeiten demonstrierte die Partei Geschlossenheit nach außen; das war auch ein Grund ihres Erfolgs. Diese Geschlossenheit ist nun zerbrochen.

Der Kreisverband steht ohnehin in einer schwierigen Zeit: Anton Kreitmair, der Stimmenfänger unter den Landwirten, kandidiert nicht mehr für den Landtag. Auch vom Rückzug der langjährigen Bundestagsabgeordneten Gerda Hasselfeldt hat sich die CSU noch nicht ganz erholt. Nach dem Debakel bei der Kommunalwahl 2014, dem Verlust des Oberbürgermeisteramtes in Dachau, wollte die CSU wieder, wie erklärt wurde, in die Nähe der Menschen rücken - das sind bloße Worte geblieben.

© SZ vom 13.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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