Kommentar:Vernünftig fördern

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Die Stromproduktion aus Biogas muss effizienter und nachhaltiger werden. Der Staat sollte sie klug und differenziert unterstützen

Von Sebastian Jannasch

Lange Zeit galt Biogas als die Eier legende Wollmilchsau der Energiewende. Aus nachwachsenden Rohstoffen wie Mais und Zuckerrübe lassen sich in Biogasanlagen jederzeit Strom und Wärme erzeugen. Die Energieversorgung der Haushalte findet direkt vor der Haustür statt. Als positiver Nebeneffekt beschert die Technologie Bauern ein verlässliches zweites Standbein und macht sie unabhängiger von schwankenden Milch- und Fleischpreisen.

Allein: Es gibt nicht nur Gewinner. Die Zeche zahlen die Stromverbraucher, die den Aufschlag für erneuerbare Energien unmittelbar im Portemonnaie spüren. Denn die Erzeugung von Strom aus Biogas ist teuer. Strom aus Windkraft und Fotovoltaik ist deutlich günstiger. Nachdem die Politik Biogas zunächst mit einer Förderung bedacht hatte, die gut geführten Betrieben 20 Jahre lang satte Gewinne garantierte, zog die große Koalition 2014 die Notbremse. Es folgte die Rolle rückwärts: Biogas galt auf einmal als Technologie von gestern, ineffizient, Ressourcen verschlingend und vor allem als zu teuer. Ein Fass ohne Boden, das dringend gestopft werden musste. Der Ausstieg aus der Biogas-Förderung wurde eingeleitet.

Doch beide Extreme führen in die Irre. Weder ist es dem Stromverbraucher zuzumuten, über zugesicherte Einspeisevergütungen eine teure Stromerzeugung dauerhaft zu subventionieren, noch kann von den Bio-Bauern erwartet werden, dass sie ohne klare Perspektive auf einen wirtschaftlichen Weiterbetrieb hohe Summen in effizientere Anlagen stecken. Die Technologie muss effizienter, günstiger, flexibler und nachhaltiger werden. Statt massenhaft auf Mais zu setzen, sollten Biogas-Bauern verstärkt auf Einsatzstoffe zurückgreifen, die ohnehin als Abfall in der Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie anfallen. Gülle beispielsweise setzt auf dem Acker Treibhausgase frei, die den Klimawandel befördern. Im Biogas-Tank dagegen kann der Abfall aus der Viehzucht Gutes tun. Nach der Vergärung lässt sich der Rest sogar als Dünger wieder auf den Feldern ausbringen.

Klar ist, dass mit Biogas allein die Energiewende nicht zu stemmen ist. Doch hat es einen wichtigen Vorzug: Im Gegensatz zu Wind- und Sonnenenergie kann Biogas rund um die Uhr bei jedem Wetter Strom liefern und somit flexibel Spitzen abdecken. Das sollte nicht leichtfertig verschenkt werden. Landwirte, die flexible Kapazitäten vorhalten, müssen auch in Zukunft eine verlässliche Vergütung erhalten. Da die Altanlagen nach 20 Jahren Betrieb die Investitionen in aller Regel mehr als hereingeholt haben, sollte die Biogas-Erzeugung danach günstiger sein. Mehr Wettbewerb um die effizientesten Biogas-Anlagen, über den das Bundeswirtschaftsministerium jetzt nachdenkt, kommt der Umwelt und Stromverbrauchern gleichermaßen zugute. Biogas ist weder Wundermittel noch unzumutbarer Kostentreiber. Was es braucht, ist eine kluge, differenzierte Förderung von Biogas, damit die Energiewende erfolgreich ist.

© SZ vom 28.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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