Kommentar:Vermeintliche Bürgernähe

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Sebastian Leiß (FW)  verschließt sich einer Vernunftdebatte

Von Wolfgang Eitler

Nach den Bundestagswahlen sagte ein wiedergewählter Abgeordnete, dass ihn der Wahlkampf seltsam berührte habe. Er habe das Gefühl gehabt, dass zwischen ihm und den Menschen, mit denen er redete, ein unsichtbarer Filter gelegen habe, so als ob er nicht mehr in einen wirklichen Kontakt mit ihnen habe gelangen können. In den Diskussionen sei es beileibe nicht um das polarisierende Flüchtlingsthema gegangen. Es war so, als ob der Anspruch zur Bürgernähe am Bürger scheiterte.

Jenseits der Politik hat ein Landkreis einen sehr guten Indikator dafür, wie nah er noch am Bürger ist. Die Kfz-Zulassungsstelle. Wie lange muss man warten? Wie freundlich sind die Mitarbeiter der Behörde? Wie gut ist der Ablauf organisiert. Landrat Stefan Löwl (CSU) und seine Mitarbeiter berichten von großen Erfolgen in den letzten drei Jahren. Die meisten Kreisräte finden eine maximale Wartezeit von 40 Minuten zumutbar und zudem als Indiz für eine respektable Bürgernähe. SPD-Kreisrat Harald Dirlenbach würde gerne bei einem Arzt so schnell dran kommen. FW-Kreisräte Franz Eichinger aus Weichs zeigte sich beeindruckt, wie die Kfz-Stelle Kunden mit großer Geduld helfe, welche die deutsche Sprache nicht beherrschen.

Nur einem Kreisrat passte das Lob nicht. Sebastian Leiß, Fraktionssprecher der Freien Wähler, verzog höhnisch das Gesicht und geißelte gleich noch den Vierkirchener Bürgermeister Dirlenbach ob seines fehlenden Gespürs für die Belange der Bürger. Allenthalben Kopfschütteln. Seit seiner Wahl zum Kreisrat versucht Leiß sich als Anwalt des Bürgers zu präsentieren und sei es, indem er laufende Geschäfte der Verwaltung wie den Ausbau der Kfz-Stelle zu seinem ganz persönlichen Dringlichkeitsantrag stilisiert. Allmählich verliert der Kreistag die Geduld. Und Leiß sein Lieblingsthema. Er verschließt sich aus vermeintlicher Bürgernähe populistisch einer Vernunftsdebatte darüber, was wünschenswert und bezahlbar ist.

© SZ vom 02.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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