Kommentar:Nicht ohne den Bürger

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Der Landkreis muss beim Thema Verkehrskonzept Schwerpunkte setzen. Und er muss die Bürger mit ins Boot holen

Von Wolfgang Eitler

Schon jetzt zeichnet sich ab, dass der große Wurf eines Gesamtverkehrskonzepts unwahrscheinlich ist. Der Landkreis kann wesentliche Probleme nicht mehr allein beheben. Er muss sich mit Nachbarlandkreisen eng abstimmen, um Pendlerströme zu verringern. Er ist auf Kooperation angewiesen, wenn er Bus-Tangentialen schaffen will, die längst überfällig sind. Denn der gesamte Öffentliche Nahverkehr ist zu stark Richtung Münchner Innenstadt ausgerichtet. Der Kreistag wird also Schwerpunkte setzen müssen, welche Probleme er vorrangig behandelt.

Dabei sind der Aufbau von Tangentialen quer durch den Landkreis oder den ein und anderen Bus mehr zur S-Bahn Fingerübungen im Vergleich zum zentralen Verkehrsproblem des Landkreises. Wie wird es möglich, Karlsfeld und Dachau zu entlasten und dabei auch Markt Indersdorf zu berücksichtigen? Der Verkehr an Kloster und Realschule ist nicht mehr zumutbar.

Die politischen Konflikte sind absehbar. Der grundsätzliche dreht sich um das Auto: Der Dachauer Landrat Stefan Löwl (CSU) hält es nicht für möglich, von Straßenbauten und Umgehungsstraßen abzusehen. Diesem Ziel widerspricht seiner Ansicht nach der Zuzug in die Region und die Tatsache, dass "viele Bewohner des Landkreises vom Auto leben". Eine Anti-Auto-Politik würde unter diesem Blickwinkel auch die wirtschaftlichen Interessen des Landkreises mit MAN, BMW und Audi in der Nachbarschaft beeinträchtigen. Der Protest der Naturschützer auch in den politischen Gremien ist reflexartig zu erwarten.

Landrat Löwl und Vertreter des Bundes Naturschutz, die sich im Landkreis konsequent gegen Straßenbau ausgesprochen haben und massiv eine Nord-Ost-Umgehung Dachaus kritisieren, werden die Bürger auf ihre Seite ziehen wollen und müssen. Deswegen möchte Löwl die Bürger anhören. Dazu erwägt er ein sogenanntes Bürgergutachten. Demnach würde ein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung eingeladen, um Kritik und Ideen vorzutragen. In diesem Fall könnten Kritiker nicht einfach zur Anhörung gehen. Sie wären an Regeln des Gutachtenverfahrens gebunden.

Schließlich erachtet Löwl bei solch landkreisweit bedeutenden Fragen wie einer eventuell neuen Trasse quer durch den Landkreis auch einen Bürgerentscheid als vorstellbar. Der wäre wirklich spannend: Denn er würde die Frage beantworten, ob der Landrat mit seiner These Recht hat, dass der Landkreis grundsätzlich autoaffin ist.

© SZ vom 27.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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