Der jüngste Themenabend des Bündnisses für Dachau hat gezeigt, dass es in Dachau inzwischen eine breite Allianz von Bürgern und Kommunalpolitikern gibt, die den seit Dekaden verrottenden "Kräutergarten" endlich zu dem Gedenk- und Erinnerungsort machen wollen, der ihm nach seiner historischen Bedeutung auch zusteht: Auf der von der SS betriebenen Plantage wurden Hunderte von KZ-Häftling geschunden und ermordet für ein irres pseudowissenschaftliches Projekt.
Ende gut, alles gut? So weit ist es noch lange nicht, viele schwierige Fragen kommen jetzt erst auf den Tisch. Nach der Umgestaltung zum Gedenkort soll der Kräutergarten historisch möglichst authentisch sein. Aber was ist historisch authentisch? "Auch 70 Jahre Verfall sind ein historisches Dokument", sagt der CSU-Stadtrat Florian Schiller. Es dürfte kaum ein Trost sein, dass sich die Historiker im Umgang mit diesen sogenannten "verlorenen Milieus" den Kopf genauso zerbrechen und auch zu keinem einheitlichen klaren Ergebnis gelangen. Selbst wenn man die Nachkriegszeit ausblenden wollte und 1945 als Referenzjahr nähme: Sanierungen sind nicht nur teuer, oft sind sie auch gar nicht mehr möglich. Rekonstruktionen aber, auch detailgetreue, sind ebenfalls problematisch. Schnell kann man sich dem Vorwurf aussetzen, man schaffe eine Disneyland-Version eines NS-Tatorts.
Andererseits sollen Gedenkorte dem Besucher eine Vorstellung geben von früheren Verhältnissen. Erlebbar soll der Ort sein. Das geht nicht mit einem Infoschild im grünen Rasen. Hier bedarf es künstlerischer Ansätze. Ein gelungenes Beispiel liefert die 2014 eröffnete Gedenkstätte am SS-Schießplatz Hebertshausen: Der Verlauf des Bretterzauns und des Sarglagers, die den Tatort damals abschirmten, sind heute mit Stahlbändern markiert. Erinnerungsarbeit erfordert auch Kreativität.