Kommentar:Hilfeschrei der Hilflosen

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Die Flüchtlinge in der Indersdorfer Tennishalle hausen unter unzumutbaren Bedingungen. Die Notunterkunft wird aber nur dann entbehrlich, wenn endlich Lösungen auf größerer Ebene gefunden werden. Und die Lasten der Asylpolitik auf alle Schultern gerecht verteilt werden

Von Robert Stocker

Viele Bürger im Landkreis werden über die Nachricht erschrocken sein, die sie in der Zeitung oder auf dem Smartphone gelesen haben: Asylbewerber in Indersdorf werden rebellisch, zetteln einen Aufstand an und rufen damit die Polizei auf den Plan. Zwar ist nicht wirklich etwas passiert, gewiss. Weder wurden Menschen verletzt noch wurde die Sicherheit von Bürgern gefährdet. Doch der Vorfall könnte auch einige nachdenklich machen, die für Flüchtlinge bisher viel Verständnis aufbringen.

Indersdorf ist aber ein Sonderfall. Die Tennishalle fungiert als Notunterkunft; zur Not finden dort mehr als hundert Menschen Platz, die auf engstem Raum zusammengepfercht werden. Privatsphäre ist in der Halle nicht möglich. Mängel beim Essen und der sanitären Versorgung nannten die Flüchtlinge als Grund für den Aufruhr. Wirklich gravierend aber sind sie nicht. Der Landkreis zeigt sich ohnehin sehr kooperativ und will den Menschen so weit wie möglich entgegenkommen. Der Aufruhr ist eher ein Hilfeschrei, der in den unmenschlichen Lebensbedingungen in der Halle gründet. Niemand hält es dort länger aus, ohne psychischen Schaden zu nehmen. Mit dem Wissen, die eigene Lage selbst nicht ändern zu können.

Auch der Landkreis ist in einer Zwangslage. Liebend gern würde er auf die Tennishalle als Notunterkunft verzichten; gäbe es diese Möglichkeit nicht, wären nur Schulturnhallen und Zelte die Alternativen. Um die Flüchtlinge schnellstmöglich aus der Halle zu bringen, baut der Landkreis weitere Containeranlagen, die wenigstens über abgeschlossene Wohneinheiten verfügen. Die Tennishalle mit ihren unzumutbaren Bedingungen wird aber nur dann entbehrlich, wenn endlich Lösungen auf größerer Ebene gefunden werden. Und die Lasten der Asylpolitik auf alle Schultern gerecht verteilt werden.

© SZ vom 30.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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