Kommentar:Eine wunderbare Chance

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Die Bigband Dachau ist ein Glücksfall und dem Einsatz Ehrenamtlicher zu verdanken. Nun ist es an der Zeit, dass sich auch Stadt und Landkreis an der Talentförderung beteiligen

Von Wolfgang Eitler

Sportpolitiker mögen einen solchen Vergleich nicht, weil sie als Lobbyisten die Ausnahmeposition ihrer Vereine auch in der kommunalen finanziellen Förderung gewahrt sehen wollen: Der Einsatz von Fans, Kommunalpolitik und Unternehmen für den FC Pipinsried, auf dass die Mannschaft tatsächlich in der Regionalliga spielen kann, ist herausragend. Der Wirbel um den Verein und den Präsidenten Konrad Höß wunderbar. Dabei darf schon erwähnt werden, dass die Mehrheit der Spieler nicht aus dem Landkreis stammt.

Nun zur Kultur: Das Aufsehen, das die Bigband Dachau international erzeugt, wie jetzt beim Jazzfestival in Montreux, ist ebenfalls beeindruckend. Vor allem weil die Mehrheit der Musiker im Dachauer Land lebt und hier das Musizieren erlernt hat. Wenn dieses Ensemble eine Zukunft haben oder sogar Vorbild sein soll, braucht es talentierten Nachwuchs und einen Unterricht, der die Qualität sichert und steigert. Aber in der Talentförderung, ganz zu schweigen in der Talentsichtung sind Stadt und Landkreis Dachau bayerisches Schlusslicht.

Hoffentlich stimmt der Dachauer Stadtrat nächste Woche einem Antrag zu, das ins Alter gekommene Gebäude der Knabenkapelle zu sanieren und auszubauen. Damit wäre der Weg zum entscheidenden Schritt für die musikalische Ausbildung nicht mehr weit. Wenn die Stadträte sich die Mühe machen würden, mit einigen der maßgeblichen Pädagogen der Knabenkapelle zu sprechen, würden die ihnen sicherlich unter der Hand erzählen, was auch ein Thema auf der Montreux-Fahrt war: eine Musikschule.

Die Bigband und ihre Erfolge könnten dafür zur Initialzündung werden. Eine Musikschule muss kein Gebäude sein, obwohl sich Freising und Erding gerade eines für mehrere Millionen Euro samt Konzertraum geleistet haben. Wesentlicher ist die Methode, ein Beispiel: In Unterhaching oder Fürstenfeldbruck gehen Lehrer in alle Kindertagesstätten und Grundschulen. Ein Team wählt die Lehrer aus und koordiniert den Unterricht landkreisweit. Musik ist in den Tagesablauf integriert. So sieht echte Talentsichtung aus. Darauf baut ein Angebot auf, das vom Einzelunterricht bis zum Ensemblespiel reicht. Es geht darum, Kindern zu einem erschwinglichen Preis Zugang zur musikalischen Ausbildung zu gewähren. Der Freistaat fördert diese Vorhaben, auch deshalb, weil er die musische Erziehung aus den Lehrplänen so gut wie verdrängt hat.

Nun behauptet die Mehrheit der Kommunalpolitiker in Stadt und Landkreis Dachau, dass die bestehenden Vereine und privaten Schulen ihre Aufgabe hervorragend lösten. Natürlich können sie sich auf die Bigband Dachau der Knabenkapelle berufen. Aber tatsächlich ist dieses Orchester ein Glücksfall, den die Politik beim Schopf packen sollte. Sonst erinnert man sich in einigen Jahren voller Melancholie bloß noch an die einst so tollen Zeiten.

© SZ vom 18.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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