Kommentar:Ein Preis alleine reicht nicht aus

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Rechte Gewalt ist ein alltägliches Problem. Ihr muss daher auch täglich begegnet werden und nicht nur zu wenigen, besonderen Gelegenheiten im Jahr

Von Helmut Zeller

Mit ihrem Zivilcourage-Preis will die Stadt Dachau das Vermächtnis der Opfer der Konzentrationslager und des Widerstandes gegen das NS-Regime lebendig erhalten. Das ist notwendig, gerade in einer Zeit, da eine die Geschichte verfälschende Politik in Europa an Boden gewinnt. Dem Vermächtnis der Opfer und Überlebenden der deutschen Konzentrationslager wird gerecht, wer heute vor dem wachsenden rechtsextremistischen Hass nicht die Augen verschließt. Der Dachauer Stadtrat hat wie schon vor zwei Jahren die richtige Antwort gegeben: Die Auszeichnung macht das Engagement der Rechtsanwaltin Gülşen Çelebi öffentlich und ist Ansporn, gegen die fremdenfeindlichen Pegida-Bewegungen in Deutschland aufzutreten. 2013 ging der Zivilcourage-Preis an Jörg Wanke und die Initiative "Zossen zeigt Gesicht", die sich im Bundesland Brandenburg gegen den Neonazi-Terror stemmt. Auch in Dachau kommt es immer wieder zu Auftritten und Übergriffen von Rechtsextremisten. Dem Preis ist in der gegenwärtigen Situation eine große Symbolkraft zu eigen, die allein jedoch nicht ausreicht.

Das Dachauer Symposium zur Zeitgeschichte setzt sich in diesem Jahr mit der Rechten Gewalt in Deutschland auseinander - und weist den Weg. Es kommt auf die Politik an: Die NSU-Morde lösten Entsetzen aus, politische Konsequenzen wurden aber kaum daraus gezogen. Politik und Strafverfolgungsbehörden haben lange den Rechtsextremismus im Land heruntergespielt, der jetzt das Flüchtlingsproblem für sich nutzt. Dieser Entwicklung leisten ungewollt Vorschub diejenigen Politiker, die Asylbewerber in zwei Klassen spalten und Flüchtlinge vom Balkan als sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge diskriminieren. Die Gründung eines Rundes Tisches gegen Rassismus in Dachau mit Vertretern der Stadt, von Parteien, Kirchen und vielen anderen Organisationen, war ein guter Schritt. Dieser Einrichtung müsste aber viel mehr Einfluss gegeben werden. Das wäre noch wichtiger als eine "Aufwertung" des Zivilcourage-Preises durch "Tage der Menschenrechte", wie die CSU das nun fordert. Der rechten Gewalt muss jeden Tag begegnet werden.

© SZ vom 28.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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