Kommentar:Das Vertrauen ist verspielt

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Erstmals in der Gesundheitspolitik war der Kreistag gefühlsmäßig näher beim Betriebsrat und seiner Forderung, die Pflege auszubauen

Von Wolfgang Eitler

Unter Altlandrat Hansjörg Christmann wäre die Debatte über die Pflegequalität am Dachauer Klinikum komplett anders verlaufen. Christmann hätte in einer Rede das Thema eng begrenzt, um keine Zweifel daran aufkommen zu lassen, dass die Kreispolitik nicht auf der Seite des Arbeitgebers Helios stehen könnte. Dann hätte die Opposition ihre Kritik vorgetragen, die CSU-Fraktion hätte ein paar kleinere Punkte angemerkt. Und das wäre es gewesen.

Nachfolger Stefan Löwl (CSU) moderierte die Diskussion eher, als dass er sie strukturierte. Man kann sagen: In der Sache hielt er sich heraus und ließ damit eine Zeitenwende in der Gesundheitspolitik des Landkreises zu. Die Botschaft des Kreistags hinter dem ausdrücklich formulierten Wunsch an Helios, mehr Pflegekräfte einzustellen, lautet: Das Unternehmen muss sich die Anerkennung der Kreispolitik erst erarbeiten. Der Vertrauensvorschuss nach der Übernahme der Mehrheit an der Amper-Klinikum AG mit den Häusern in Markt Indersdorf und Dachau ist aufgebraucht. Der Hinweis des Haimhausener Bürgermeisters Peter Felbermeier (CSU), dass jeder in diesem Gremium quasi als "Querschnitt der Bevölkerung" Angestellte in den Kliniken kenne, klang wie eine Drohung.

Erstmals in der Gesundheitspolitik hat sich der Kreistag nicht mehr dafür interessiert, welche tatsächlich oder vermeintlich stichhaltigen Datensätze die Helios-Geschäftsführung vorträgt. Sie war gefühlsmäßig näher beim Betriebsratsvorsitzenden Claus-Dieter Möbs und seiner Forderung, die Pflege endlich angemessen auszubauen.

Möbs sagte den Kreisräten auch, dass der Erfolg einer solchen Initiative letztlich von der Bundespolitik abhängt. Diese hatte seit 1995 eine neue Klinikpolitik beschlossen, die zu einem massiven Abbau der Pflege und damit zu einem unattraktiven Berufsbild führte. Deswegen gibt es kaum noch Pflegekräfte auf dem Stellenmarkt. Gewerkschaften und auch die Bayerische Krankenhausgesellschaft fordern mittlerweile eine Umkehr in der Gesundheitspolitik zugunsten einer besseren Pflege. Ein erster Ansprechpartner für die CSU wäre die Dachauer Bundestagsabgeordnete Gerda Hasselfeldt in Berlin. Sie war schon mal Bundesgesundheitsministerin.

© SZ vom 22.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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