Kommentar:Bewährung für den Kreistag

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Die Kreisräte müssen zeigen, wie ernst es ihnen mit der Sorge um das überlastete Pflegepersonal wirklich ist

Von Wolfgang Eitler

Die Leitung des Helios-Konzerns in Berlin schweigt. Sie schweigt trotz der Aufforderung des Kreistags, endlich zur Zukunft der Pflege am Dachauer Klinikum Stellung zu beziehen. Spätestens seit den Einlassungen des Konzernbetriebsrats von Helios ist klar, dass der Dachauer Streit um gute Pflege nur ein Beispiel unter vielen für den Grundsatzkonflikt bei Helios zwischen Unternehmensführung und Belegschaft darstellt.

Allerdings sollte der Konzern nicht länger schweigen, vorausgesetzt, ihm ist an einem guten Einvernehmen mit der Kommunalpolitik gelegen. Denn die politische Verantwortung für die beiden Helios-Kliniken in Dachau und Markt Indersdorf tragen allein Landrat Stefan Löwl (CSU), die 17 Bürgermeister und 60 Kreisräte. Halten die Beschwerden an, wird die Bevölkerung nicht Helios kritisieren, sondern die Politiker. Sie wird ihnen vorwerfen, die ehemals kommunalen Kliniken privatisiert zu haben.

Dabei würde es dem Landrat nichts nützen, auf seine unmaßgebliche Anwesenheitsrolle im Aufsichtsrat hinzuweisen, sie würde ihm als Schwäche vorgehalten. Helios mag sich als Alleinregent über die Kliniken fühlen. Aber für Missstände in Dachau müssen Landrat und Kreistag gerade stehen. Den Umkehrschluss erlebte Löwl auf der nun schon legendären Podiumsdiskussion Mitte Oktober, die einem Schiedsgericht über Helios glich. Dort sagten Pflegekräfte, wenn der Landrat für sie etwas erreicht, wählen sie ihn.

Die vergangenen 20 Jahre seit der Privatisierung haben die Belegschaft radikalisiert. 20 Jahre lang hat niemand auf sie gehört und sie nicht einmal ernst genommen. Jetzt haben sie das Gefühl, nichts mehr verlieren, sondern nur gewinnen zu können. Pflegekräfte im Münchner Raum sind sehr begehrt. Auf dem Arbeitsmarkt im Ballungsraum mit den hohen Lebenshaltungskosten sind keine mehr zu bekommen. Am Rande der Podiumsdiskussion liefen bereits die ersten Abwerbungsgespräche.

Zurzeit könnte Helios bloß darauf verweisen, dass die erstrebten Gewinnmargen für die Amperklinikum AG bei einer Umsatzrendite von 15 Prozent ausschließlich Dachau zugute kommen. Denn das Krankenhaus soll um 70-Millionen-Euro erweitert werden. 53 Millionen muss das Unternehmen selbst finanzieren. Der Rest sind staatliche Zuschüsse. Deshalb ist absehbar, dass auf den Kreistag die Bewährungsprobe zukommt, wie ernst es ihm mit dem Engagement für das Personal ist. In der Vergangenheit waren ihm in seiner Mehrheit die Erlöse stets wichtiger als die Beschwerden der Pflegekräfte.

© SZ vom 14.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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