Investition für Mensch und Natur:Jeder Tropfen erzeugt Energie

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Die Stadtwerke haben 2,6 Millionen Euro in die Modernisierung des Wasserkraftwerks gesteckt. Es liefert nun zehn Prozent mehr Strom

Von Petra Schafflik

Gehörschutz müssen die Besucher nicht anlegen, an ihre Ohren dringt im Maschinenraum statt lautem Dröhnen nur ein leises Brummen. "Erstaunlich, wie ruhig die Turbinen jetzt laufen", sagt Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD), der als gelernter Ingenieur sichtlich begeistert ist von der neuen Kraftwerkstechnik. Gemeinsam mit dem Rathauschef überzeugten sich die Stadträte bei einem Rundgang durchs Dachauer Wasserkraftwerk an der Amper vom Erfolg der gerade abgeschlossenen Turbinen-Revision.

Maschinen müssen nicht mehr von Hand an- und abgeschaltet werden. (Foto: Niels P. Joergensen)

Die Stadtwerke, die das Wasserkraftwerk betreiben, haben die stattliche Summe von 2,6 Millionen Euro ausgegeben für die Erneuerung der beiden Stromgeneratoren. Investitionen in den erneuerbaren Energieträger Wasser, die sich lohnen. Denn die runderneuerte Anlage, die automatisch statt bisher manuell gesteuert wird, liefert nun etwa zehn Prozent oder ein Million Kilowattstunden mehr Strom als zuvor. Ein Plus, das der Leistung eines kleinen Wasserkraftwerks entspricht. "Beachtlich", urteilt der OB.

Die neue Technik braucht weniger Betreuung. (Foto: Niels P. Joergensen)

Energie aus Wasserkraft - das ist historisch die Grundlage der Stromversorgung in der Stadt. Der Grundstein gelegt wurde dafür bereits 1987 mit dem Kraftwerk in Günding und dem damals gegründeten Elektrizitätswerk Dachau, dem Vorläufer der heutigen Stadtwerke. Aktuell betreibt der örtliche Stromversorger drei Wasserkraftanlagen, neben der in Günding das kleine Mühlbachkraftwerk und die nun erneuerte Anlage hinter dem Familienbad. Die Technik hat eine lange Tradition und ist nach wie vor ein wichtiger Baustein im Mix erneuerbarer Energieträger. Wasserkraftanlagen laufen permanent und unabhängig von Jahreszeit und Witterung, sind also grundlastfähig, wie der technische Leiter der Stadtwerke, Gerald Nübel, erläutert. Weil zudem geeignete Standorte für neue Wasserkraftwerke schwer zu finden sind, ist die Ertüchtigung vorhandener Anlagen besonders sinnvoll.

Oberbürgermeister Hartmann (Mitte) und die Stadträte lassen sich von Planer Bernhard Kiening (l.) die Modernisierungen erklären. (Foto: Niels P. Joergensen)

Wie effektiv so eine Erneuerung ist, lässt sich im Wasserkraftwerk Dachau besichtigen. Allerdings ist von außen nicht viel zu sehen. Das blau-weiß gestrichene Gebäude, das mit seinem Wehr direkt hinter dem Familienbad in die Amper hineinragt, schaut aus wie eh und je. Das ist nicht verwunderlich, denn erneuert haben die Stadtwerke nicht die Fassade, sondern die inneren Werte, sprich die komplexe Technik, die sich in den Tiefen der Anlage verbirgt. Deshalb erklärt Norbert Liebeck, der als Leiter Abwasser und Anlagentechnik die Sanierung koordiniert hat, mit anschaulichen Grafiken und Fotos die Details der Großrevision, die zwei Jahre gedauert hat.

Ein Plan zur Turbinen- und Generatorsanierung. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Nacheinander wurden beide stromerzeugenden Turbinen getauscht, wichtige Teile wie Rotor, Stator, hydraulische Steuerung und Turbinenwelle erneuert. Nun läuft die Anlagen wieder zuverlässig, zusätzlich auch ruhiger, was den Mitarbeitern zugutekommt. Auch werden die Turbinenlager nun mit Wasser geschmiert, so dass nicht mehr Spuren von Schmieröl in die Amper gelangen können. "Damit leisten wir einen weiteren Beitrag, die Wasserqualität zu verbessern", erklärt Nübel. Auch Maschinenschlosser Stefan Siegl, der die Anlage schon seit Jahren mit großem Sachverstand betreut, instand hält und repariert, wird künftig weniger zu tun bekommen, weil das Kraftwerk nun wartungsarm ausgelegt ist. Die entscheidende Innovation ist aber die automatische Steuerung: Wo bisher Mitarbeiter je nach Wasserstand per Hand die Maschinen zu- oder abgeschaltet haben, sorgt nun die Technik selbständig dafür, dass jeder Tropfen, der die Amper herunterfließt, auch zur Energiegewinnung genutzt wird. Eine Neuerung, die messbare Erfolge bringt: Nämlich die Steigerung der Stromerzeugung, die einem kleinen Wasserkraftwerk entspricht. Wollte man so eine Minianlage neu bauen, müsste man nicht nur erst Wasserrecht und Standort finden, sondern auch 1,2 Millionen Euro investieren.

In der Leitwarte wird der Prozess von Menschen am Computer überwacht. (Foto: Niels P. Joergensen)

Mit der gerade abgeschlossenen Turbinen-Revision ist es aber nicht getan. Auch das Kraftwerksgebäude muss renoviert, einige technische Anlagen wie der sogenannte Leerschuss erneuert werden.

Die Sanierung der Staudämme, die am nördlichen Amperufer bereits abgeschlossen ist, wird auf der anderen Flussseite fortgesetzt. Zwei Millionen Euro sind dafür eingeplant. Trotz der hohen Aufwendungen bleibt die Wasserkraft nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern auch wirtschaftlich effizient. Das haben die Stadtwerke genau ausgerechnet. Und auch wenn die wasserrechtliche Genehmigung, die jedes Kraftwerk immer nur auf Zeit erhält, bereits 2026 ausläuft, macht sich der technische Werkleiter Nübel keine Sorgen um eine Verlängerung. Neben dem Dachauer Kraftwerk wird auch in die beiden anderen Wasserkraftanlagen investiert: Die Revision der Kraftwerke Günding und Mühlbach ist schon geplant. Zusätzlich werden Standorte für weitere Anlagen geprüft. Große Potenziale gibt es nicht, denkbar wäre aber eventuell am Gündinger Wehr neben dem bestehenden Kraftwerk noch eine kleine Anlage zu bauen. "Wir prüfen alle Optionen."

© SZ vom 17.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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