"Heilige Nacht":Gesang wie Glockengeläut

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Heinz Neumaiers Intonation der Weihnachtsgeschichte begeistert das Publikum in der Kirche Sankt Vitalis

Von Petra Neumaier, Sigmertshausen

Ovationen und tosender Applaus setzen das Ende des besinnlichen Abends. Atemlos hatten die Zuhörer gelauscht, sich gänzlich eingelassen auf die Musik von Heinz Neumaier, auf die glockenklaren Gesangsstimmen der Moosdorfegger Sängerinnen und auf die sonore Stimme von Claus Weber. Und nur zu gerne gibt man an diesem Benefizabend für die Renovierung der Schönbrunner Hofmarkskirche "Heilig Kreuz" ein wenig mehr - in den Spendenkörbchen liegen jedenfalls fast ausnahmslos Geldscheine. Das Gefühl, etwas Besonderes an diesem Abend erlebt zu haben, trügt außerdem nicht. Hatten doch Heinz Neumaiers intonierte Gesänge der vor 100 Jahren fertiggestellten "Heiligen Nacht" von Ludwig Thoma ihre Weltpremiere.

Totenstill ist es auf dem Friedhof rund um die Kirche Sankt Vitalis. Nur aus den großen Fenstern des Gotteshauses leuchtet warm das Licht - das einzige Zeichen, dass man wohl doch an diesem kalten Freitagabend am richtigen Ort sein müsste, obwohl 20 Minuten vor Beginn der Veranstaltung niemand unterwegs zu sein scheint. Des Rätsels Lösung offenbart sich erst nach dem Öffnen der schweren Kirchentür: Alle sitzen schon drin, eingemummt in dicken Mänteln auf den schmalen Bänken und sogar wie Hühner auf der Stange auf den Kniebankerl vor der Krippe hockend - hie und da müssen die Besucher sogar stehen.

Leise flüstern ihre Stimmen durch den wunderschönen Kirchenraum und verstummen gänzlich, als die Darsteller in den Altarraum treten: die Männer der Gröbenbach Musi, die Moosdorfegger Sängerinnen, der Sprecher Claus Weber und zum Schluss Heinz Neumaier daselbst. Er spielt nicht nur als Gründungsmitglied der Musikanten die Gitarre, der pensionierte Biologie- und Chemie-Gymnasiallehrer und passionierte Musiker hat die Musik selbst komponiert. "Probiert, gespielt, getüftelt", hat er, sagt er, doch erst als die Moosdorfegger Sängerinnen die Lieder zum ersten Mal sangen wusste er: "Das passt!"

Dass auch der Rezitator des Abends passt, daran gibt es keinen Zweifel. Claus Weber kennt die "Heilige Nacht" in- und auswendig. Seit seiner Kindheit hat der Kulturreferent der Kreisstadt Dachau unzählige Male das Gedicht von Ludwig Thoma gehört, fast jede Zeile kann er auswendig. Und schon oft trat er in der Vergangenheit als Rezitator bei Veranstaltungen auf. Aussprache, Betonungen, Rollenwechsel sind bei ihm so natürlich, als wäre er selbst der bekümmerte Josef, die tapfere Maria, der hilfreiche Handwerksbursche, die geizige Verwandtschaft, Wirte oder Hirte. Und trotz der kühlschrankmäßigen Temperaturen, die den Atem dampfen und die Zehen steif werden lassen, wird es den Zuhörern in der Kirche Sankt Vitalis warm ums Herz. Zumal, wenn die Sängerinnen die liebevoll und einfühlsam komponierten Gesänge darbieten. Richtig schade ist es da, dass die Heilige Nacht so schnell vorbei ist. Aber die nächste kommt ja bestimmt.

© SZ vom 12.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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