Ein süßes Vergnügen:Das Nest suchen ist trotzdem Pflicht

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Irgendwann finden es alle Kinder heraus: Die Geschichte vom Hasen, der bunte Eier im Garten versteckt, ist frei erfunden. Ist Ostern deshalb für sie langweilig? Jugendliche erzählen, warum das Fest dennoch etwas Besonderes ist

Von Magdalena Hinterbrandner

Irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem die Kinder den Osterhasen in Frage stellen. Die Illusion des hoppelnden Hasen mit den langen Ohren, der selbstbemalte Eier in der Nacht auf den Ostersonntag in allen Gärten für die Kinder versteckt, platzt dann wie eine Seifenblase. Sie haben es herausgefunden: Den Osterhasen gibt es gar nicht. Oft finden die Teenager das selbst heraus, sie bekommen es von älteren Geschwistern gesteckt oder aber den Eltern passiert ein Missgeschick. Doch ist Ostern für die jungen Leute noch etwas Besonderes, wenn es diesen Kinderhelden gar nicht gibt?

Die Osternacht ist Pflichttermin

"Seit ich nicht mehr an den Osterhasen glaube, muss ich keine Nester mehr suchen", erzählt der siebzehnjährige Maximilian Eberhard. Bis er zehn Jahre alt war, hat er jedes Jahr die vom Osterhasen versteckten Nester bei der Oma gesucht, "meistens war Schokolade drin, und manchmal sogar ein bisschen Geld", erzählt er. Trotzdem ist Ostern für ihn immer noch etwas Besonderes. Maximilian ist Ministrant in der Dachauer Pfarrei Sankt Jakob. Jedes Jahr besucht die Familie die Osternacht - das ist schon Tradition. "Die beginnt um fünf Uhr in der Früh", sagt Maximilian. Einmal habe er dann sogar noch einmal am Ostersonntag in der Morgenmesse um 10 Uhr ministriert, "aber das mach ich nicht mehr, ich geh erst einmal schlafen, wenn wir von der Osternacht nach Hause kommen", sagt er und lacht. Am Ostersonntag gibt es ein leckeres Mittagessen mit den Eltern und der Oma. Vom Onkel bekommt er, trotz der Tatsache, dass es keinen Osterhasen gibt, immer noch ein Ostergeschenk. "Der ist da noch sehr aktiv", freut sich Maximilian. Sehr aktiv ist in der Osterzeit auch seine Ministrantengruppe in Sankt Jakob. Sie treffen sich und binden gemeinsam Palmbuschen oder gestalten Osterkerzen für die Familien.

Wanderung und Nachtwache

Auch die Ministranten in den Karlsfelder Pfarreien Sankt Josef und Sankt Anna machen an Ostern besondere Aktionen. "Die Minis aus St. Josef basteln Osterkerzen und verkaufen diese dann am Palmsonntag. Das Geld kommt dann in ihre Ministrantenkasse", erklärt Bernhard Rümmler, Pfarrer des Pfarrverbandes Karlsfeld. Er freut sich über den Besuch von Kindern und Jugendlichen in der Ostermesse. "In die große Ostermesse in St. Anna kommen schon einige Kinder und Jugendliche, und auch in der Osternacht am Abend vor dem Ostersonntag in St. Josef sieht man viele junge Gesichter", so Rümmler. Auch in Sankt Peter in Dachau veranstaltet die Jugend der Kirchengemeinde eine Osternachtwache. Dabei treffen sich die Jugendlichen ab 13 Jahren am Karsamstag abends um 22 Uhr im Pfarrheim Sankt Peter und gestalten Osterkerzen, spielen Spiele, machen eine Nachtwanderung mit Kerzen und zünden dann das Osterfeuer an. Die ganze Nacht wollen die jungen Menschen bis zum Osternachtgottesdienst durchwachen.

Die Familie bemalt die Eier

Die Messe am Ostersonntag besucht auch der elfjährige Philip Annolleck mit seiner ganzen Familie einschließlich Oma und Opa. Er muss auch die Ostereier noch suchen. "Aber an den Osterhasen glaube ich nicht mehr", sagt er. Er hat einen jüngeren Bruder, der noch fleißig und mit Enthusiasmus sucht. "Die meisten Eier sind aus Schokolade, aber manche sind auch richtige Eier", erzählt Philip. Zusammen mit der Familie bemalt er diese auch selbst. Und die Tradition mit dem Osterlämmchen kennt er natürlich auch.

Strahlende Kinderaugen

Ältere Geschwister stecken dem kleinen Bruder oder der jüngeren Schwester gerne, dass der Osterhase ein Mythos ist. Der feste Glauben an diesen Langohr ist stark gefährdet, treffen ältere Teenager auf kleine Kinder. "Bei uns klappt das aber ganz gut", sagt Cornelia Herzog, die Jugendleiterin der Glonntaler Trachtenjugend. In der Jugendgruppe sind Kinder zwischen sechs und fünfzehn Jahren dabei. "Die Älteren schmunzeln zwar, wenn die Kleinen schon aufgeregt auf den Osterhasen warten, aber ich ermahne sie dann immer", erzählt Herzog. "Ihr wart genauso, lasst sie doch in dem Glauben", bekommen die Älteren dann von ihr zu hören. Cornelia Herzog faszinieren die strahlenden Augen der kleinen Kinder, wenn sie von den bunten Eiern des Osterhasen erzählen.

Erholung vom Schulstress

Tamina Weiß hätte wohl auch noch länger an den Osterhasen geglaubt, wäre da nicht der Papa gewesen. "Bei uns in der Familie ist es so, dass an Weihnachten das Christkind den Christbaum und die Geschenke bringt und an Ostern der Osterhase kommt", erzählt die Vierzehnjährige. Und dann, als Tamina neun Jahre alt war, fragte der Papa plötzlich eines Tages die Mama, wie viel der Christbaum gekostet habe. "Ihm war, glaube ich, nicht bewusst, dass ich auch im Raum war. Und da war mir klar, dass es das Christkind gar nicht gibt, sondern die Eltern den Christbaum einfach kaufen", erzählt Tamina. Dann stellte sie dem Vater natürlich die wichtige Frage nach dem Osterhasen. "Und da meinte er, jetzt ist es auch schon egal, und hat mir gesagt, dass es den auch nicht gibt", sagt das Mädchen und lacht. Seitdem gab es also keinen Osterhasen mehr. Trotzdem trifft sich ihre große Familie immer am Ostermontag zur großen Kaffeerunde. "Da sind wir dann schon so an die dreißig Leute", sagt sie. Und obwohl mittlerweile jedes Familienmitglied weiß, dass es den Osterhasen nicht gibt, muss jeder sein kleines Nest suchen. "Auch die Erwachsenen, nur die Omas müssen nicht suchen, die verstecken die Nester für die anderen", erzählt Tamina. Die Ostermesse besucht Familie Weiß nicht. Für Tamina bedeutet Ostern vor allem Erholung vom Schulstress. Sie freut sich auf die Osterferien.

Verräterisches Geschenkpapier

Die vierzehnjährige Julia Schröppel hat mit sechs Jahren gut kombiniert und ist so zu dem Schluss gekommen, dass es den Osterhasen nicht geben kann. "Meine Eltern verwenden immer das gleiche Geschenkpapier, und die Ostergeschenke waren eben auch in dem Papier verpackt", erzählt sie. Suchen muss sie trotzdem noch, genauso wie ihr volljähriger Bruder. "Meistens gibt es Schokolade, manchmal aber auch kleine Gutscheine", sagt Julia. Ansonsten habe die Familie keine großartigen Osterbräuche. Auch die Messe am Ostersonntag ist kein jährliches Pflichtritual für Familie Schröppel. Wie bei Tamina steht auch bei Julia der religiöse Hintergrund nicht an erster Stelle. Die Schülerinnen freuen sich vor allem über die Ferien und die Erholung. "Klar, Omas und Opas erzählen dann schon immer auch, warum man Ostern feiert", sagen die beiden. Den Grund für dieses Fest kennt also die Jugend schon.

© SZ vom 13.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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