Dachau:Der letzte Tango

Lesezeit: 2 min

Das Café Original in der Frühlingsstraße, einst eine der beliebtesten Kneipen in Dachau, läuft nicht mehr. Betreiber Peter Weiß schließt das Lokal. Neuer Pächter ist Eventmanager Patrick Schwaack.

Von Benjamin Emonts

Bei den Spielen der Fußball-EM im vergangenen Sommer war das Café Original noch gut besucht. Ein gutes Jahr später musste es schließen. (Foto: © joergensen.com)

300 Euro für ein einfaches, gerahmtes Poster. Viel zu viel, möchte man meinen. Trotzdem hat eine Frau am Samstagabend diese Summe bezahlt. Nein, nicht etwa weil das Poster außergewöhnlich schön wäre. Für die Frau besitzt es einen nostalgischen Wert.

Das Plakat ist schwarz-rot, zeigt ein Tango tanzendes Paar und hing seit mehr als 20 Jahren an der Bar des Café Original in der Frühlingsstraße in Dachau. Jetzt nicht mehr. Am Samstagabend, als Betreiber Peter Weiß Freunde, Mitarbeiter und Stammgäste zu einer allerletzten Feier einlud, wurde es versteigert. Das Café Original, das seit 1984 lange Zeit eine Institution in Dachau war, muss schließen. Warum? Weil es nicht mehr läuft.

Noch um die Jahrtausendwende - damals war Gastronom Christian Naumann Besitzer - war das Original gerade für Jugendliche einer der beliebtesten Läden in der Stadt. "Morgens war es immer voll", erinnert sich Peter Weiß. Der heute 34-Jährige hat seit 1999 regelmäßig im Café "O" gearbeitet. "Das Café war morgens eine richtige Blaumacherzentrale", denkt er zurück. "Wer nicht in die Schule wollte, ging ins Café. Man hat immer jemanden aus seiner Jahrgangsstufe getroffen."

Lange Zeit hatte das Original so etwas wie eine Monopolstellung. In der Altstadt gab es zwar noch das Teufelhart, ansonsten aber war nicht viel. Ebenso erfolgsversprechend war die Lage des Cafés: Nur wenige Meter entfernt lag die Güterhalle, eine der wenigen Diskotheken in Dachau. "Viele kamen vorher noch ins Original, tranken und aßen", sagt Weiß.

Als der Dachauer das Café im Oktober 2011 von Vorgänger Naumann übernahm, war die Situation eine andere. Nicht nur die Altstadt war belebter; auch Lokale wie das nicht weit entfernte Seven Days zogen potenzielle Kunden ab. Weiß, der schon als 15-Jähriger das Café besucht hat, glaubte trotzdem, dass das Original Zukunft hat. Er sagt: "Ich wollte das Café so erhalten, wie es die Leute kannten." Dann aber habe er allmählich begriffen, dass es modernerer Konzepte bedarf, um die Kunden zu halten. "Die dazu nötigen Investitionen habe ich nicht gehabt. Ich habe ganz einfach den Kapitalbedarf unterschätzt."

Jetzt musste Weiß schließen und nach einem Nachpächter suchen. Der, so sieht es aus, ist inzwischen gefunden. Der ehemalige Volleyballspieler des ASV Dachau, Patrick Schwaack, will zumindest die Räumlichkeit übernehmen. Vom bisherigen Konzept soll nämlich nichts übrig bleiben, ebenso wenig der Kultname "Café Original". Schwaack, der nach dem kurzen Intermezzo am Dachauer Stadtstrand inzwischen den Beach Club an der Ruderregatta in Oberschleißheim und in Dachau eine Eventagentur betreibt, möchte keinen Stein auf dem anderen lassen. Er sagt: "Wer mich kennt, der weiß, dass ich etwas Außergewöhnliches machen werde. Mehr verrate ich erst, wenn wir Anfang des nächsten Jahres eröffnen." Zu hören ist allerdings, dass es in Richtung Eventgastronomie gehen soll. Die Rede ist mitunter davon, dass man das Bier am Tisch selbst zapfen können soll. Auch im Gespräch sind bayerische Canapés, die auf Laufbändern durch den Laden schweben. Sushi-Restaurant auf bajuwarisch sozusagen.

Wie auch immer. Das Aushängeschild, ja gewissermaßen das Synonym des Café Original, den allseits beliebten Presswich mit seinem geheimnisumrankten, rötlichen Dip, wird es wohl nicht mehr geben. Peter Weiß bedauert das besonders. "Das Café lag mir sehr am Herzen. Es hat mich viele Jahre begleitet. Es ist traurig. Eine Ära geht zu Ende."

© SZ vom 17.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: