Bürgerversammlung:Zündstoff Verkehr

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Täglicher Stau auf dem Weg zur Arbeit, Parkplatznot und gefährliche Übergänge: Das Chaos auf den Straßen verärgert die Altstadtbewohner

Von Petra Schafflik, Dachau

Gefahrenstellen auf städtischen Straßen, wilde Müllablagerungen, schlecht geräumte Gehwege, fehlende Nahversorgung in der Altstadt, Parkdruck rund ums Klinikum und der tägliche Stau auf dem Weg zur Arbeit: Bei der gut besuchten Bürgerversammlung für die Dachauer Altstadt konfrontierten die Anwohner Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) mit einer langen Liste an Ärgernissen, Sorgen und Wünschen. Einige Mängel sind nicht neu, beschäftigen die Bürger seit Jahren, einfache Abhilfe ist nur in Einzelfällen in Sicht. Keine rasche Lösung gibt es zum Beispiel für die Bedenken, die Anwohner Alex Schmid zum Wachstum in der Boomregion äußerte. "Alles wird immer mehr, immer enger, gibt es dafür einen Zukunftsplan?" Tatsächlich existierten "ein Haufen Pläne", die zu einem Konzept zusammengeführt werden sollen, erklärte Hartmann. Doch der OB warnte vor Illusionen: Als Erfolg in der Verkehrsentwicklung müsse bereits gewertet werden, "wenn es uns gelingt, den Status quo trotz Bevölkerungswachstums zu erhalten."

Mit seinem Unbehagen über die Entwicklung in Stadt und Region steht Altstadtbewohner Alex Schmid vermutlich nicht allein. Schon jetzt erlebe er seinen täglichen Arbeitsweg von Udlding Richtung München als "eine Katastrophe", sagte der Dachauer. Weil weiter neue Wohngebiete zum Beispiel auf dem ehemaligen MD-Gelände entwickelt würden, fragte er nach einem konkreten Verkehrskonzept. "Damit ich für zehn Kilometer nicht zwei Stunden brauche." Tatsächlich sei Verkehr neben Wohnen "das drängendste Thema, das in der Metropolregion zu lange vernachlässigt wurde", erklärte der Oberbürgermeister. Konkret werde das künftige Wohngebiet auf dem ehemaligen Papierfabrik-Areal mit einer eigenen Zufahrt erschlossen, am Stadtbahnhof sei eine Unterführung geplant. Doch neue Straßen zur Entlastung ließen sich mitten in der Stadt nicht bauen, so Hartmann. Daher setze die Kommunalpolitik darauf, "die Leute vom Auto weg zu bringen." Die Bürger sollen mehr radeln, öfter Bus fahren und in neuen Wohngebieten direkt am S-Bahnhof vielleicht ganz auf einen eigenen Wagen verzichten. Dennoch warnt der OB vor überzogenen Erwartungen. Verbessern werde sich die Verkehrssituation nicht, so seine Überzeugung. Allein wenn die aktuelle Lage sich stabilisiere, "dann sind wir schon gut." Weniger Autoverkehr in der Altstadt gäbe es, wenn die Bewohner dort auch einkaufen könnten, monierten zwei Anwohner. Die Stadt habe sich vergeblich bemüht, wieder einen Betreiber zu finden für den Lebensmittelladen, der 2017 zu gemacht hat, erklärte Hartmann. Interessenten hätten sich nicht gefunden, "es gibt einfach zu wenig Laufkundschaft".

Auch konkrete Verkehrsthemen beschäftigen die Dachauer. Im Sommer beobachtet Johann Pfeiffer gefährliche Situationen, wenn Badegäste vom Parkplatz aus die viel befahrene Ludwig-Dill-Straße zum Freibad queren. Ein Zebrastreifen wäre sinnvoll, so sein Vorschlag. Oder gleich die Straße verlegen und den Parkplatz ans Bad heran rücken, schlägt Robert Pöschl vor. Um die Sicherheit der Schulkinder sorgt sich Elisabeth Peren, die als Schulweghelferin aktiv ist. Auf dem Weg zum Hort im Steinlechner Hof müssen die Schüler die viel befahrene Augsburger Straße queren. Das Tempolimit, das der Stadtrat jüngst vor einigen Kitas und Schulen beschlossen hat, werde dort für eine Verbesserung sorgen, hofft Hartmann. Das morgendliche Abbiegeverbot am Karlsberg, das ebenfalls der Sicherheit der Schulkinder dient, werde missachtet und müsste öfter kontrolliert werden, fordert Robert Pöschl. Gefährlich wird es für Fußgänger hin und wieder sogar auf dem Gehweg. Entlang des Fabrikbergs an der Ludwig-Thoma-Straße bedrängten Radler die Passanten auf dem schmalen Bürgersteig, moniert Benedikt Herzog. Und wer an der Kreuzung Ludwig-Dill- / Brucker Straße aufs Grünlicht wartet, "kann sich nicht sicher fühlen", beklagt Barbara Ücker, weil auch dort Radler den engen Fußweg nutzten. Der ruhende Verkehr löst ebenfalls Ärger aus. In der Münchner Straße blockieren Fahrzeuge oft zwei Parkplätze, eine Markierung der Stellflächen fordert Friedhelm Peters. Über Wohnwagen, Wohnmobile und Lastwagen, die im Viertel parken, ärgern sich Anwohner am Udldinger Hang, übermittelt Heike Peters die Klagen ihrer Nachbarn. Die Bewohner im Wohnviertel Dr.-Hiller-Straße wünschen sich eine Anwohner-Parkzone wie am Bahnhof, erklärte Renate Dorfner. Denn Mitarbeiter und Besucher des nahegelegenen Amper-Klinikums parkten die Anwohnerstraßen zu. Ihre Gäste müssten oft in der Altstadt das Auto abstellen und den Kilometer zu Fuß herauflaufen. Doch eine weitere Anwohnerzone sei derzeit in der Stadt nicht geplant, so der OB. Die Klinik könnte ihren Mitarbeitern kostenlose Parkplätze anbieten, "das wäre ein Imagegewinn".

Über Rettungswagen, die mit lautem Martinshorn noch um Mitternacht auf der Augsburger Straße Richtung Klinikum fahren, ärgert sich Marianne Grimm. Um diese Uhrzeit wäre das Signal nicht nötig, findet die Dachauerin. Schlecht geräumte Gehwege monieren Benedikt Herzog und Josef Rauch. Müll und Hundekot, die nicht korrekt entsorgt werden, bringen Heike Peters zur Weißglut. Die Bürgerin sammelt in Eigenregie in ihrem Wohnumfeld Abfall ein. Zusätzlich, so ihr Wunsch, könnte die Stadt ihre Bürger per Aufklärungskampagnen "positiv motivieren".

© SZ vom 09.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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