Bergkirchen / Lauterbach:Neues Leben im alten Schulhaus

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Wie Bürger in Lauterbach den Abriss eines leer stehenden Gebäudes verhindern und es quasi in Eigenregie sanieren. Künftig sollen die liebevoll renovierten Räume dem ganzen Dorf zur Verfügung stehen und kultureller Treffpunkt für alle Generationen sein

Von Petra Schafflik, Bergkirchen / Lauterbach

Die Lampen waren gerade angeschlossen, das letzte Fenster geputzt und der fliederfarbene Anstrich an den Wänden kaum getrocknet, da strömten schon die Besucher zum ersten Konzert in die neu renovierte Alte Schule in Lauterbach. Neugier paarte sich mit Musikbegeisterung, rasch war die Veranstaltung ausverkauft. Nicht nur das Interesse war groß, auch die Stimmung ausgelassen. "Ein Bombenkonzert", sagt Claudia Fleischer, die mit einem Dutzend Helfern vom Förderverein Alte Schule seit eineinhalb Jahren jeden Samstag anpackt, um das ehemalige Schulgebäude wieder auf Vordermann zu bringen.

So wild wurde dann zur Musik von Guy Tortora gefeiert und getanzt, dass ein halbes Glas Rotwein seine Spuren auf der frisch getünchten Wand hinterlassen hat. "Kein Problem, da wird kurz drübergemalert." Die Farbeimer stehen ja noch im Keller. Wie manch anderes Arbeitsmaterial. Auch wenn der Veranstaltungsraum schon fertig ist, gibt es noch allerhand zu tun. Spätestens Mitte Juli, wenn rund ums Haus der Musikalische Theatersommer Bergkirchen gastiert, soll die Alte Schule Lauterbach vollständig in neuem Glanz erstrahlen. "Das schaffen wir", sagt Fleischer.

Wenn das 1909 als Schulhaus errichtete Gebäude künftig kultureller Treffpunkt sein wird im 800-Einwohner-Dorf, dann ist dies vor allem dem Engagement der Lauterbacher zu verdanken. Denn sie waren es, die den Abriss des vor einigen Jahren recht heruntergekommenen Gebäudes verhindert haben und sich nun mit viel Zeit, Fantasie und Tatkraft um die Sanierung kümmern. Hinter dem Engagement steht der breite Konsens, dass das ehemalige Schulhaus mit Schloss und Kirche das Ortsbild prägt, Heimat signalisiert und Identität stiftet. Deshalb haben die Bürger angepackt, einen Förderverein gegründet, mit Sachverstand und persönlichem Einsatz saniert. Nach eineinhalb Jahren kann sich das Ergebnis gut sehen lassen. Noch zwei größere Arbeiten stehen an: Die alte Holztreppe muss abgeschliffen und neu lackiert werden. Das übernehmen jetzt Profis, weil die Laien-Handwerker an ihre Grenzen gestoßen sind. "Mit unserem Budget haben wir bisher trotz mancher Überraschung so gut gewirtschaftet, dass wir uns das jetzt finanziell erlauben können." Danach wird das Bau-Team wieder selbst zum Pinsel greifen und ganz zuletzt das Treppenhaus streichen. Nach altem Vorbild wird ein zierliches Farbfries die Wände entlanglaufen und auch die Steigung der Treppe aufnehmen.

Schon jetzt ist der besondere Charme erkennbar, der im Kontrast aus modernen Elementen und liebevoll restaurierter, alter Bausubstanz liegt. Hier die modernen Sanitäranlagen in Granit, dort das "Prinzessinnenzimmer", das seinen Spitznamen einer verspielten Wanddekoration des Dachauer Künstlers Heinz Eder verdankt. In dem Raum werden Schriften und Dokumente archiviert, die das Bau-Team auf dem Dachboden aufgestöbert hat. Zeugnisse und Schuljahrbücher ab 1812 werden künftig in einem Jugendstilschrank präsentiert, ein auf dem Flohmarkt günstig ergatterter Kronleuchter von 1910 ergänzt das Ensemble. "Das passt perfekt." Auch wenn die Ehrenamtlichen viel Engagement hineingesteckt haben: Die Sanierung ist nicht Selbstzweck, sondern zielt darauf ab, das historische Gebäude zu bewahren, dem Dorf und seinen Bürgern ein "Haus der Begegnung" zu schaffen. Folgerichtig gerät nun, wo die Bauarbeiten ihrem Ende zugehen, die inhaltliche, konzeptionelle Arbeit in den Fokus.

Der Förderverein will ein Programm entwickeln, das zu den Lauterbachern passt, ihre Interessen aufgreift, aber auch neue Einblicke und unerwartete Überraschungen bereithält. Die Alte Schule soll nicht Geheimtipp und Ausflugsziel für kulturell interessierte Städter werden. Sondern für das Dorf und seine Bewohner da sein, alle Generationen ansprechen, Begegnung ermöglichen, Jung und Alt zusammenbringen, kulturelle Aktivitäten aller Facetten bieten. Manches, was bereits vor der Sanierung im Haus lief, wie der Musikunterricht der Volkshochschule, wird wieder aufgenommen.

Auch die Jugend wird einen eigenverantwortlich verwalteten Raum bekommen. Doch Veranstaltungssaal und Stüberl bieten Raum für Neues, für Theater, Lesungen oder Konzerte. Erste Veranstaltungen, die der Förderverein schon während der Bauzeit immer mal wieder wagte, geben Mut. Egal ob Figuren-Kabarett, adventliche Lesung, traditionelle Volksmusik oder Blues-Abend: "Das Interesse ist da", freut sich Claudia Fleischer. Vielfältig soll es daher weitergehen. Und gerne darf im Alten Schulhaus auch künftig ausgelassen getanzt werden. Wenn wieder ein Glas Rotwein überschwappt, wird erneut frisch drübergestrichen.

© SZ vom 21.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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