CSU-Klausurtagung in Seeon:Mit peinlichen Freunden im Kloster

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SZ-Leser reiben sich daran, dass Ungarns umstrittener Ministerpräsident erneut als Ehrengast hofiert wird

Einst war’s Wildbad Kreuth, jetzt ist’s Kloster Seeon: Eine Gelegenheit für die CSU-Landesgruppe, stramm-konservative Signale auszusenden. (Foto: Andreas Gebert/dpa)

"Versöhnen und spalten" vom 5. Januar und die Berichterstattung von der CSU-Klausurtagung in Seeon:

Auf Betonkurs

Allmählich gibt's wohl keinen Zweifel mehr: Die CSU ist von allen guten Geistern verlassen. Soviel politische Dummheit macht sprachlos. Sie lädt nun schon zum zweiten Mal Victor Orbán ein. Braucht sie für das Wahljahr noch Beratung zu Themen: Wie zerstöre ich einen Rechtsstaat? Wie schalte ich die Meinungsfreiheit und die Pressefreiheit aus? Wie kann ich EU-Gelder vereinnahmen ohne mich an die EU-Regeln zu halten? Können wir uns als Bayern dem Verweigerungspakt Orbán/ Kaczyński anschließen? Die Rechtfertigung, "wir laden den Regierungschef einer befreundeten Partei ein", ist geradezu zynisch. Einem Freund hätte man schon lange unmissverständlich beibringen müssen, dass die Freundschaft bei offensichtlichem Unrecht beendet ist. Ich kann mich an keine einzige Meldung erinnern, dass das jemals geschehen ist. Und wenn man allmählich keine anderen Freunde mehr hat als Orbán, läuft wohl was falsch.

Wozu also das Ganze? Um wieder die Kanzlerin zu provozieren? Um auch den letzten CSU-Wähler, der bei der Bundestagswahl zähneknirschend wegen der Kanzlerin CSU gewählt hat, zu verprellen? Um den Wählern, die zwischen CSU und AfD schwanken, zu erklären, dass man mit Orbán zusammen ein so starkes Bollwerk gegen EU und Flüchtlinge errichten kann, dass es die AfD nicht braucht?

Aber in ihrer besserwisserischen Arroganz sind die Herrschaften der CSU ja schon lange nicht mehr willens oder in der Lage, Stimmen im Volk zu hören, die von ihrem Betonkurs abweichen.

Armes Bayern, du hast Besseres verdient, als diese unsägliche CSU! Warum habe ich diese Partei jahrzehntelang gewählt? Gab es dort vielleicht früher Persönlichkeiten mit Charakter und politischem Instinkt? Georg Summerer, Wolfratshausen

Brexit-Attitüden

Die CSU-Landesgruppe im Bundestag hat auf ihrer Klausurtagung ein Papier zur Europapolitik verabschiedet, das die Mitglieder der Europa-Union und alle, die im vergangenen Frühjahr unter dem Banner Puls of Europe für ein Vereintes Europa demonstriert haben, in Alarm versetzen muss. Sie fordert darin eine Begrenzung des Integrationsprozesses, eine Absage an das Ziel einer "ever closer union", und die Rückverlagerung von Kompetenzen an die Mitgliedstaaten. Sie verwendet dabei Formulierungen, die wir bisher nur von den Brexit-Befürwortern, den Regierungen der Visegrad-Staaten und den Führern rechtspopulistischer Parteien im In- und Ausland gehört haben. Klaus Zirkel, Gauting

Erlesene Gäste

Herzlich willkommen, "lieber Viktor". Mit der herzlichen Begrüßung und Umarmung des Rechtspopulisten Viktor Orbán zur Klausurtagung zeigt die CSU einmal mehr, wo und wofür sie steht. Für die Einladung weiterer Gleichgesinnter zu künftigen CSU-Tagungen hier noch ein paar Vorschläge: aus Polen Jarosław Kaczyński, aus Frankreich Marine Le Pen, aus den Niederlanden Geert Wilders, aus Österreich Heinz-Christian Strache - und aus Deutschland Alexander Gauland und Alice Weidel. Claus Lehner, München

© SZ vom 15.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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