Contra:Ignorante Konzepthuberei

(Foto: N/A)

Mit den Seelöwen gibt Hellabrunn eine der größten Publikumsattraktionen ab. Ein Fehler - und Ausdruck von Profilierungssucht des Zoo-Chefs

Von Tanja Rest

Die Seelöwen werden aus dem Tierpark Hellabrunn geschmissen. Nicht, weil ihr Gehege baufällig wäre oder sie sich nicht mehr wohlfühlen (im Gegenteil, sie vermehren sich prächtig); schon gar nicht, weil das Publikum das Interesse an ihren Kunststücken verloren hätte. Nein, die Seelöwen werden rausgeworfen, weil sie nicht mehr ins Konzept passen, genauer: Da es sich um Kalifornier handelt, ist ihr Becken nach den Regularien des Geo-Zoos fehlerhaft platziert. Man stelle sich vor: Generationen von Münchnern und ihre Kinder haben sich am Seelöwenbecken geografisch inkorrekt amüsiert!

Der Vorgang ist eine Schnittmenge aus Konzepthuberei, Ignoranz und Profilierungssucht. Nichts dagegen einzuwenden, dass moderne Zoos ihrem Publikum Zusammenhänge von Lebensraum und Ökosystem näherbringen wollen. Aber wenn man glaubt, dass die Leute deshalb kommen, lügt man sich fett was in die Tasche. Die Leute kommen, um Tiere zu sehen, am liebsten unterhaltsame Tiere wie kalifornische Seelöwen; im besten Fall laufen die Besucher hinterher mit gestärktem Respekt für deren Umwelt wieder raus. Dass der Seelöwe im richtigen Leben nicht neben dem Eisbär wohnt, ist Besuchern schnurzegal.

Tierpark-Chef Rasem Baban ist seit einem Jahr im Amt und schwer bemüht, auf einem Gelände seine Fährte zu hinterlassen, das schon lange gut funktioniert. Aber irgendein Programm braucht man halt, als Neuer. Notfalls wird eine der größten Publikumsattraktionen eben platt gemacht.

© SZ vom 31.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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