Bushido zu Schmerzensgeld verurteilt:Bonus für schlechtes Benehmen

Ist der Ruf erst ruiniert, beleidigt es sich fast ungestraft: Im Internet lästert Bushido über das Model Ingrid Pavic. 100.000 Euro fordert die ehemalige Big-Brother-Bewohnerin. Doch sie bekommt nur einen Bruchteil davon zugesprochen - und dafür hat die Richterin eine außergewöhnliche Begründung parat.

Ekkehard Müller-Jentsch

Wegen frauenfeindlicher Liedtexte und bösartiger Schmähattacken ist der Rapper Bushido seit Jahren immer wieder in die Kritik geraten - und auch in die Mühlen der Justiz. Doch ein ruinierter Ruf kann sich im Gerichtssaal auszahlen, wie ein Urteil des Landgerichts Berlin zeigt. Darin wird der Musiker zwar verurteilt, 8000 Euro Schmerzensgeld an das Münchner Model Ingrid Pavic zu bezahlen. Gleichzeitig räumt die Richterin Bushido aber eine Art Bonus für sein dauerhaft schlechtes Benehmen ein: weil das jedermann kenne, müsse der Betrag nicht höher ausfallen.

Song-Teile geklaut: Gericht verurteilt Bushido

Bekannt für seine Beschimpfungen: Rapper Bushido bekommt deshalb immer wieder Ärger. Das jüngste Urteil gegen ihn fiel überraschend mild aus.

(Foto: Jörg Carstensen/dpa)

Der Streit zwischen Anis Mohamed Youssef Ferchichi, wie der Rapper bürgerlich heißt, und der früheren Insassin des "Big-Brother"-Containers Pavic mutet ziemlich bizarr an. Als sich die Frau mit ihrer bemerkenswerten Oberweite und den auffallenden Lippen für viele Tage rund um die Uhr im TV-Container einem breiten Publikum zur Schau stellte, ätzte Bushido in Sozialnetzen gegen die Münchnerin. Er beschimpfte sie auf unflätigste Weise. Mit das Harmloseste war noch der Vergleich mit einem Schimpansen, Michael Jackson und Tatjana Gsell.

"Mindestens 400 000 Personen haben das bei Facebook und rund 70 000 bei Twitter erhalten", sagt ihr Rechtsanwalt Michael Scheele. Die Beleidigungen seien roh und heimtückisch. Damit öffentlichkeitswirksam klargestellt werde, dass Formalbeleidigungen im Internet nicht stattfinden dürften, forderte er 100 000 Euro Schmerzensgeld für seine Mandantin.

Außerdem musste Bushido eine strafbewehrte Erklärung unterschreiben, seine Beleidigungen künftig zu unterlassen. Weil er dagegen verstoßen haben soll, verlangte der Anwalt für seine Mandantin weitere 20 000 Euro "Vertragsstrafe". Zunächst hatte Scheele die Klage beim Landgericht München I eingereicht. Von dort war der Streit aber nach Berlin verwiesen worden.

Dort hat nun die zuständige Richterin festgestellt, dass die hässlichen Äußerungen des Rappers zwar "eine bewusst bösartig überspitzte Kritik" darstellen. Der stark beleidigende Charakter der Äußerungen und "die günstigen wirtschaftlichen Verhältnisse des Beklagten" würden eine Genugtuung der beschimpften Ingrid Pavic in Höhe von 8000 Euro erfordern.

Warum es für sie nicht mehr Geld gibt, erklärte die Richterin damit, "dass Äußerungen von Rappern wie Bushido mit ihrer unsachlichen und überzogenen Tendenz vom verständigen Durchschnittsbürger nicht für bare Münze genommen werden". Der Münchner Anwalt hat für solch einen Rüpel-Rabatt kein Verständnis: "Wir werden Berufung gegen das Urteil einlegen."

Zumal die Richterin der klagenden Pavic auch noch eine gewisse Mitschuld zugesprochen hatte: "Die Klägerin hat sich gezielt der Öffentlichkeit ausgeliefert und sich in eine deprivatisierte Situation begeben - möglicherweise im Hinblick auf einen sechsstelligen Gewinn und eine hohe Medienpräsenz." Ihre Forderung von 100.000 Euro sei deshalb völlig überzogen.

Die Richterin hatte in dem Verfahren auch Bushidos Ehefrau angehört. Die berichtete, wie ihr Mann nachts mit dem Laptop im Bett neben ihr gelegen und bestimmt eine Stunde lang die beleidigenden Äußerungen gelöscht habe. Die Richterin glaubte das und urteilte deshalb, dass Bushido die geforderte Vertragsstrafe nicht bezahlen müsse. Denn als Laie sei er nicht verpflichtet, in den folgenden Tagen zu prüfen, ob seine Löschungen auch erfolgreich waren.

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