Britischer Konkurrent:Versuchskaninchen

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In Nürnberg wird nach der Vergabe des Netzes prozessiert

In Franken dürften sie sich nach diesem Tag noch ein bisschen mehr als "Versuchskaninchen" fühlen. Noch bevor der Freistaat vor genau einem Jahr entschieden hatte, die S-Bahn Nürnberg vom Dezember 2018 an vom britischen Betreiber National Express (NX) befahren zu lassen, hatten einige in Nürnberg darum gebeten, die Entscheidung über die Vergabe aufzuschieben - und zunächst einen Übergangsvertrag mit der DB abzuschließen. Damals lehnte der Freistaat diese Bitte aus Nürnberg ab - und vergab das Netz an die Briten. In München dagegen ist eine solche Verschiebung nun möglich.

Viele in Nürnberg glauben, die Vergabe an National Express sei ohnehin nur ein Trick der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) gewesen, um den Druck auf die Deutsche Bahn (DB) zu erhöhen. Staatsregierung und BEG hätten nie vorgehabt, auch das Münchner Netz ernsthaft in andere Hände zu geben. Die Nürnberger S-Bahn dagegen sei als "Versuchsballon" benutzt worden. Und tatsächlich lässt sich seit Monaten rund um die Nürnberger Vergabe ein nahezu beispielloser Streit unter Juristen verfolgen. Denn bereits kurz nach der Vergabe an NX legte die Bahn Widerspruch ein. Seither fetzen sich beide Seiten entweder vor der Vergabekammer der Regierung von Oberbayern (die ist für die BEG zuständig) oder dem Oberlandesgericht in München. Im Kern geht es darum, ob National Express den von der BEG geforderten Nachweis der "wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit" erbracht hat. Das Gericht entschied, dass die BEG diese Frage intensiver prüfen müsse. Die BEG wiederum prüfte - und kam zu dem Schluss, dass alles korrekt geprüft wurde. Das wiederum will aber die DB nicht akzeptieren. Ende Februar treffen sich alle Beteiligten erneut vor der Vergabekammer. Und fast alle Beteiligten rechnen damit, auch noch einmal vor dem OLG antanzen zu müssen.

Unterdessen beobachten viele in Nürnberg das Treiben mit Sorge. Denn eigentlich wollte NX 38 neue Züge beim tschechischen Hersteller Skoda ordern, um diese von Dezember 2018 an in Franken einzusetzen. Doch solange die Vergabe juristisch angefochten wird, liegt die Bestellung auf Eis. Und mittlerweile rennt den Tschechen die Zeit davon, um die neuen Züge noch rechtzeitig fertigen zu können.

© SZ vom 04.02.2016 / mvö - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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