Brenner-Basis-Probleme:Zu wenig Gleise, zu viele Laster

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Verkehrspolitisch zeichnet sich eine Katastrophe ab

"Keine Hoffnung fürs geplagte Inntal" vom 7. Februar:

Lagerhaltung auf der Straße

Wiederholt berichtet die SZ über den Ruf nach mehr Stellplätzen an Autobahnen für Laster, insbesondere angesichts der Tiroler Blockabfertigung (Inntal-Überlastung). Die steigende Pkw-Zahl bereitet Probleme vor allem in den Innenstädten. Tatsächlich ist die amtliche Verkehrsprognose über eine Zunahme des Lkw-Verkehrs um fast 40 Prozent zwischen 2010 und 2030 erschütternd. Aber warum verteufelt man den Pkw-Verkehr (radikale Vorschläge der Grünen für München) und sieht der Laster-Schwemme kritiklos zu?

Auch der ADAC propagiert "Mehr Platz für Trucks" ( Motorwelt 11/17). Wieso ist die stete Zunahme gottgegeben, schicksalhaft? Die Industrie hat - just in time - ihre Lagerhaltung ganz einfach auf die Straße verlegt und damit die Wirtschafts- und Verkehrsstruktur schleichend "umgeprägt". Ergebnis unumkehrbar? Parteien, Bürger, Lobbyisten regen sich bei jedem Umwelt-Pups auf. Warum sehen wir tatenlos zu, wenn ganz Deutschland mit Lkw aus aller Herren Länder zugestellt wird?

Richtig: EU-Recht gebietet freien Güterverkehr. Es kennt aber Ausnahmen bei besonderen Kollisionslagen (öffentliche Ordnung, Sicherheit, Gesundheit) und könnte bei allgemeiner Gefährdung dieser Schutzgüter auch allgemein angepasst werden. Das wäre kein leichtes Unterfangen, es gibt jedoch auch keine Denkverbote. Dr. Wolfgang Heckner, Zorneding

Scheinheilige Politik

Der Brenner-Gipfel wegen des überbordenden transalpinen Güterverkehrs zeigt erneut die ganze Scheinheiligkeit der deutschen, speziell der bayerischen Verkehrspolitik. Schon über Jahre sieht sich die Landesregierung von Tirol zum Schutz seiner Bürger vor Lärm und Abgasen gezwungen, über das Instrument der Blockabfertigung den Lkw-Verkehr über den Brenner zu beschränken. Von Deutschland beziehungsweise Bayern erwartet Tirol endlich Maßnahmen zur Verlagerung des Güterschwerverkehrs auf die Schiene. Die Reaktion des bayerischen Verkehrsministers Herrmann besteht lediglich darin zu lamentieren, dass die Praktik der Blockabfertigung nicht förderlich und zielführend sei und den freien Warenverkehr einschränke.

Dabei hinkt die Landespolitik seit vielen Jahren bei der Planung für den Ausbau der Zulaufstrecke zum Brenner-Basistunnel heillos hinterher. Wenn dieser mit vielen Milliarden Euro im Jahr 2026 in Betrieb gehen wird, sind im bayrischen Inntal noch kein Meter der notwendigen zusätzlichen Gleise verlegt. Ein Skandal, weil in der Zwischenzeit der Lastwagenverkehr auf jährlich 2,3 Millionen Fahrzeuge mit weiter steigender Tendenz zunehmen wird, während der Anteil der Schiene am Güterverkehr auf 29 Prozent gefallen ist.

Nun soll, quasi als "weiße Salbe", die vor Jahren wegen Unwirtschaftlichkeit eingestellte "Rollende Landstraße" wieder aktiviert werden, um ein paar wenige Lkw von der Straße auf die Schiene zu bringen. Für wie blöd hält die Politik den von Staus, Abgasen und Lärm geplagten Bürger? Und die geplante erneute Übernahme des Verkehrsministeriums im Bund durch die CSU lässt kein Umdenken erwarten. Herbert Miehle, Augsburg

© SZ vom 12.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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