Blick aus La Paz:Seilbahnen für Fußgänger

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Der Schnee fehlt: Das ist nicht nur für Skifahrer ein Problem

Von Peter Burghardt

Früher konnte man in Bolivien sogar Skifahren, hoch über La Paz und El Alto. Nicht ganz so einfach wie von München aus am Brauneck, denn die Bergstation des alten Liftes am Chacaltaya liegt knapp 5400 Meter über dem Meeresspiegel. Doch es ging, gute Puste vorausgesetzt. Es geht theoretisch noch heute, wobei die Hütte des österreichischen Alpenvereins unterdessen vom Club Andino Boliviano betrieben wird. Es gibt allerdings ein Problem: Viel Schnee ist selbst in dieser stattlichen Höhe nicht mehr zu erwarten.

Der Gletscher da droben ist im Zuge der Erderwärmung verschwunden, weggeschmolzen. Ein Problem ist das außer für Freunde exotischer Skitouren vor allem für die Bewohner weiter unten. Unter den Anden wird das Wasser umso knapper, je mehr Eis sich in den Anden auflöst. Der berühmte Perito Moreno im Süden Argentiniens gilt mittlerweile als einziger Gletscher, der aus speziellen Gründen noch wächst, der Rest zieht sich dramatisch zurück. Dazu kommen berüchtigte Wetterphänomene wie La Niña oder El Niño, die Dürre schicken oder Sintfluten und deren Folgen auch über die Meere hinaus in Europa zu spüren sind. Der Gletscherschwund zum einen und kaum mehr zu kalkulierende Niederschläge zum anderen stellen Wissenschaftler und Strategen immer mehr vor die Frage, wie Metropolen wie La Paz, Quito, Lima oder Santiago de Chile dauerhaft mit Trinkwasser versorgt werden sollen.

Für das schöne Bayernland und seine beschauliche Landeshauptstadt sind das ferne Menetekel. Doch das vielfach so wunderschöne Lateinamerika zeigt in vielen Gegenden ziemlich bedrohlich, was der Klimawandel für Folgen haben kann. Trockenheit oder Überschwemmungen, Wassermangel, Stürme, Erdrutsche, Ernteausfälle. Ein Zentrum des Desasters ist Haiti, der westliche Teil einer Insel, deren Osten Dominikanische Republik heißt und gerne von Pauschalurlaubern gebucht wird. Für Erdbeben kann der Mensch nichts und im Prinzip auch nichts für Wirbelstürme, wohl aber oft für deren Folgen. Die Wälder sind weitgehend abgeholzt, die Böden erodiert, die meisten Haitianer verarmt.

Das Gegenmodell liegt in Costa Rica, das sich die Armee spart und in Nationalparks investiert. "Pura Vida" lautet das Motto der Nation, Leben pur. Anderswo kommt man mal ein wenig zur Vernunft und dann wieder nicht. In Brasilien zum Beispiel, dem Land des weltgrößten Regenwaldes, wurde der bedeutendste Sojabauer zum Landwirtschaftsminister ernannt, Greenpeace überreichte ihm wegen seines Beitrags zum Kahlschlag mal die "Goldene Kettensäge". In Mexiko-Stadt oder Bogotá dagegen müssen an bestimmten Tagen Autos mit bestimmten Nummernschildern stehen bleiben. Und zwischen La Paz und El Alto in Bolivien gibt es inzwischen Seilbahnen aus Österreich. Für Fußgänger, nicht für Skifahrer.

© SZ vom 22.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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