Zum Abschied von Stadtschulrat Rainer Schweppe (SPD) haben die Wogen sich geglättet. Mit keinem Wort erwähnt Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) in seiner Rede das Chaos in der zentralen Gebührenstelle für die Kindertagesstätten. Dass Schulen kaum an neue Computer kommen, weil der IT-Rahmenvertrag unbemerkt überzogen wurde, bleibt ebenso außen vor wie die Tatsache, dass das Bildungsreferat sich grob bei Münchens großer Schulbauoffensive verrechnet hat.
Stattdessen hebt Reiter - wie bei Abschiedsfeiern üblich - hervor, dass Schweppe ein auf die Zukunft ausgerichtetes Referat für Bildung und Sport hinterlassen wird. Die Herausforderungen habe Schweppe angepackt, die Bildungsgerechtigkeit vorangebracht und den Ausbau der Ganztagsschule angetrieben. Für die Zukunft, so endet die OB-Ansprache, wünsche er "von Herzen alles Gute".
Doch so richtig verabschiedet sich Schweppe gar nicht. Sein Amt als Stadtschulrat räumt er zwar am 1. Juli, seine Nachfolgerin wird die SPD-Politikerin Beatrix Zurek. Dass der scheidende Bildungsreferent in München bleiben will, ist indes schon länger bekannt. Sonst aber ist in den Gängen des Münchner Rathauses viel gerätselt worden, was der Mann, der mit seinen 62 Jahren noch zu jung für den Ruhestand ist, machen wird. Als Beamter hat er grundsätzlich das Recht auf eine Weiterbeschäftigung, wenn auch nicht zwingend bei der Stadt München.
IT-Ausstattung in München::Totalausfall im Bildungsreferat nicht ausgeschlossen
Das Bildungsreferat betreibt mit 38 000 Computern viel mehr Rechner als alle anderen Referate und Betriebe der Stadt zusammen. Die Technik befindet sich allerdings in einem desaströsen Zustand.
Bleiben wird er trotzdem, und er wird wieder an den Schulen auftauchen, wenn auch in anderer Funktion. Schweppe soll ins Sozialreferat wechseln, das von Juli an von der neuen Referentin Dorothee Schiwy verantwortet wird. Dort soll er eine Arbeitsgruppe leiten, die sich um die bessere Integration von Flüchtlingen kümmert. Leicht sei die Suche nach einer Anschlussbeschäftigung nicht gewesen, die SPD habe sich lange damit beschäftigt, so erzählt man sich im Hintergrund.
Schweppe will das weder bestätigen noch dementieren. Er schweigt zu seiner beruflichen Zukunft und sagt nur recht vage: "Ich werde die Hände nicht in den Schoss legen, sondern mich möglichst weiter im Bildungsbereich tummeln." Jetzt wolle er erst einmal Urlaub machen. Die Zeit drängt ohnehin nicht. Schließlich bekommt er als berufsmäßiger Stadtrat nach seinem Ausscheiden ein sogenanntes Übergangsgeld.
Es schadet wohl auch nicht, wenn noch Zeit vergeht. Denn auch wenn nun alle wieder Freunde sind: Reibungslos sind seine letzten Monate als Stadtschulrat nicht verlaufen. Schon vor mehr als einem Jahr servierten OB Reiter und die SPD Schweppe ab. Man wünsche sich einen Stadtschulrat, der sich weniger hochtrabenden pädagogischen Konzepten verschreibe und sich mehr dem Alltag widme. Marode Schulen müssten endlich saniert und mehr Platz geschaffen werden. Und auch im Kita-Bereich fehlten Angebote. Das Bildungsreferat solle sich mehr zu einem Dienstleister entwickeln, der Eltern nicht verärgert, sondern ihnen hilft, hieß es.
Mit Zurek vollzieht der Stadtrat einen Kurswechsel. Schweppe kam aus dem nordrhein-westfälischen Herford. Als Mann von außerhalb sollte er frischen Wind in die Schulstadt bringen. Mit Zurek setzt die Politik auf eine der ihren, die nicht nur in der SPD verwurzelt, sondern als Vorsitzende des Mietervereins München auch bekannt ist. Für Schweppe steht fest: Seine Nachfolgerin wird es anfangs deutlich leichter haben. Sie verfüge über Kontakte, die er sich habe erarbeiten müssen und wisse, wie die Stadt ticke.
Stadt-Referenten:SPD serviert Stadtschulrat ab
Rainer Schweppe steht schon lange in der Kritik, nun ist klar: Sein Vertrag wird nicht verlängert. Beatrix Zurek soll das Referat für Bildung und Sport übernehmen. Personalreferent Thomas Böhle wird neuer Kreisverwaltungsreferent.
Erst danach ging die eigentliche Arbeit los, sechs turbulente Jahre, in denen die Kommunalwahl 2014 die Bildung plötzlich aus der Versenkung hervorholte und zu einem der zentralen Themen in der Stadtpolitik machte. "Meine Amtszeit ist in eine sehr anspruchsvolle Zeit gefallen", sagt Schweppe. Innerhalb nur eines Jahres mussten die Toiletten an fast 130 Schulen saniert werden, es wurde geweißelt und verschönert, Container lindern die größte Platznot - bis die neuen Schulen kommen.
Dafür hat Schweppe einen Plan erarbeitet. Neun Milliarden will die Stadt bis 2030 in moderne Bildungseinrichtungen stecken. Die ersten Projekte sind beschlossen, standardisierte Raumprogramme und einfachere Verfahren sollen die Maßnahmen beschleunigen. Konzeptionell hat Schweppe einiges auf den Weg gebracht. Konzeptionell kann er nun auch in seinem neuen Job im Sozialreferat arbeiten. Und vielleicht steht er dort nicht ganz so im Sturm.