Bewährtes Projekt:Alles gar nicht schlimm

Fehlende Parkplätze, soziale Verwerfungen, architektonische Zumutungen - das Bauprojekt in Moosach weckte anfangs viele Bedenken. Nun zeigt sich, dass Schreckensszenarien ausbleiben

Von Anna Hoben

Es ist dunkel geworden in Moosach, ein Mann ist noch mal mit dem Hund rausgegangen, "Willy!", ruft er, und Willy kommt. Der Hundebesitzer wohnt gegenüber vom neuen Stelzenbau, seinen Namen will er nicht nennen, aber plaudern sehr gern. Es sei alles ruhig angelaufen, sagt er, wenn er mit dem Hund rausgehe, stelle er fest: nichts. Und nichts, das ist gut, es bedeutet, dass nichts von dem eingetreten ist, was einige der Anwohner befürchtet hatten. "Da wurden ja Schreckensszenarien kolportiert", sagt der Nachbar. Es habe sich hier eben 20 Jahre nichts verändert, da kam die Veränderung nun sehr plötzlich, und die Informationspolitik der Stadt sei zu Beginn "eine Katastrophe" gewesen.

Auch er selbst sei skeptisch gewesen am Anfang, aber nun sehe er nicht nur junge Männer, sondern auch Mütter mit Kindern, darüber freue er sich. Und das Gebäude? "Architektonisch passt's nicht wirklich rein ins Viertel, aber isoliert betrachtet ist es ganz gut geworden", findet der Nachbar. Anfang Februar haben er und die anderen Anwohner ein Schreiben in ihren Briefkästen gefunden. Darin stand, dass die Bewohner nun nach und nach einzögen: 98 Haushalte, darunter 14 Familien. Darin stand, dass ein "Mitarbeiterstab des Amts für Wohnen und Migration" für die Betreuung der Bewohner zur Verfügung stehe, dass die Mitarbeiter sich zusammen mit der sozialen Hausverwaltung von der Gewofag um Fragen des Alltags und Hilfe bei Behördenangelegenheiten kümmerten. Darin stand auch, dass sie, die Anwohner, mit ihren Anliegen ebenfalls zu den Mitarbeitern kommen könnten. Dass man die Gemeinschaftsräume mit Teeküchen im Haus auch für Aktivitäten mit Bewohnern und Nachbarn nutzen wolle und sich künftig gemeinsame Projekte wie beispielsweise Urban Gardening auf der Dachterrasse des Stelzenbaus vorstellen könne.

Anfang 2016 hatte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) den "wohnungspolitischen Paukenschlag" angekündigt. In einem Zeitraum von vier Jahren sollen bis 2020 rund 3000 neue Wohnungen für einkommensschwache Gruppen entstehen, vor allem für Familien mit geringem Einkommen, Auszubildende und junge Berufstätige sowie für anerkannte Flüchtlinge. Nachdem es am Dantebad anfangs aus der Anwohnerschaft massive Proteste gegeben hatte, will die Stadt aus dem Pilot- nun ein Vorzeigeprojekt machen. Doch auch an anderen Standorten hatte es Widerstand gegeben. Die Bedenken ähneln sich immer: Das Gebäude füge sich optisch nicht ein, wertvolle Freiflächen verschwänden, die Parksituation werde sich verschärfen - und man sorge sich um die Sozialstruktur im Quartier. Aus baurechtlichen Gründen hatte die Stadt zuletzt den geplanten Standort für 48 Wohnungen an der Unnützwiese in Trudering aufgeben müssen.

Katharina Maier ist eine von vier Sozialpädagogen von der Stadt, die für das Programm zuständig sind. Zurzeit kümmern sie sich gemeinsam um die Bewohner der schon bezogenen Wohnhäuser am Dantebad und an der Bodenseestraße in Neuaubing. "Zum Start gibt es täglich Sprechzeiten vor Ort", sagt Maier. Und die würden auch nachgefragt, von allen Bewohnergruppen. Die Menschen hätten Fragen zu Kindergartenplätzen, zum Jobcenter, zu Versicherungen. Oft gehe es auch um Dinge, die das Haus betreffen: vertauschte Briefkastenschilder zum Beispiel. Solche Fragen leiten Maier und ihre Kollegen an den Hausmeister weiter. "Für die Bewohner ist es noch schwer, zu erkennen, wer für was zuständig ist." Unterstützung bekommen die Sozialpädagogen von drei sogenannten "Pförtnern mit Sonderaufgaben", die allerdings eigentlich keine Pförtner seien, sondern eher Kulturmittler, wie Maier erläutert. Alle sprechen Kurdisch und Arabisch, sie dolmetschen bei Gesprächen und erzählen den Pädagogen, welche Sorgen die Bewohner umtreiben.

Pädagogen, Pförtner, abends ein Sicherheitsdienst von der Gewofag, der durch die Anlage geht - ganz schön viel Personal. Sie könne verstehen, wenn das befremdlich wirke, sagt Maier, schließlich handle es sich um ein ganz normales Wohnhaus. "Aber man will eben, dass gar nicht erst etwas schief läuft." Sie sehe täglich, was für ein großer Schritt eine eigene Wohnung für die Bewohner sei.

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