Betrugsprozess:Mehr Schein als Haben

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Klausdieter T. gründet eine Aktiengesellschaft, stellt Mitarbeiter ein, doch er bezahlt nie

Von Christian Rost

Mit 75 Jahren ist der Mann längst im Rentenalter, dennoch wollte er beruflich noch einmal durchstarten. Zumindest gab er vor, eine Aktiengesellschaft zu besitzen. Tatsächlich hatte er laut Münchner Staatsanwaltschaft die Gründung einer AG in die Wege geleitet, mangels Kapital wurde die Gesellschaft aber nie aktiv. Klausdieter T. ließ sich deswegen in seinem Tatendrang aber nicht bremsen: Er mietete Gewerberäume an, bestellte Büromöbel und stellte eine ganze Reihe Mitarbeiter an, die er ebenso wenig bezahlen konnte wie seine anderen Rechnungen. Dafür soll er seinen Angestellten Aktien seiner Firma verkauft haben, die es gar nicht gab. Wegen 28 Fällen des Betrugs muss sich der Senior seit diesem Mittwoch am Schöffengericht des Münchner Amtsgerichts verantworten.

Der Mann ist elegant gekleidet und höflich, aber nicht mehr ganz gesund, weshalb das Gericht unter dem Vorsitz von Birgit Brunn vorsorglich gleich mehrere Verhandlungstage ansetzen ließ. Der Angeklagte leidet laut seinem Verteidiger an demenziellen Problemen und brauchte am ersten Prozesstag gleich eine Pause, nachdem die Vertreterin der Staatsanwaltschaft gut eine Stunde lang die Anklage verlesen hatte. Die Vorwürfe sind gravierend: Zunächst soll T. im Dezember 2012 seine AG bei einem Notar per Urkunde mit einem Gründungskapital von einer Million Euro eingerichtet haben, wobei er die Summe nicht aufbringen konnte. Der Mann war bereits seit 2010 vermögens- und einkommenslos. Eine feste Wohnung hatte er auch nicht, dafür viele Ideen für seine Firma: Sie sollte mit Büromöbeln und Medizintechnik handeln, als Bauleitung und Vermittlerin für Leasing-Verträge fungieren und sich an Unternehmen beteiligen.

Um das alles zu bewältigen, braucht es Personal, deshalb stellte T. elf Leute ein: einen Manager, eine Grafikerin, zwei Innenarchitektinnen, einen Projektleiter, eine Sekretärin, einen zukünftigen Vorstand und andere. Drei seiner neuen Mitarbeiter soll Klausdieter T. laut Anklage dazu überredet haben, in seine Firma zu investieren. Ein Mann, der als Sachbearbeiter für monatlich 4500 Euro brutto bei der AG anfangen sollte, unterzeichnete nicht nur einen Arbeitsvertrag, sondern zugleich einen Kaufvertrag für 4165 Aktien seines Arbeitgebers. 25 000 Euro zahlte der Geschädigte dafür und sah das Geld nicht wieder. Seinen Lohn bekam er auch nicht ausbezahlt. Ein anderer Mitarbeiter, der als Leiter Vertrieb 6000 Euro Lohn erhalten sollte und ebenfalls Aktien kaufte, blieb auf einem Schaden von 30 000 Euro sitzen. Der dritte im Bunde, ein Projektmanager mit einem vereinbarten Bruttogehalt von 2600 Euro, verlor angeblich 10 000 Euro an den mutmaßlichen Betrüger.

Laut Anklage häufte Klausdieter T. einen Gesamtschaden in Höhe von 386 000 Euro an. Er mietete Büroräume an und ließ sie mit EDV ausstatten. Er bestellte Büromöbel und schaltete Stellenanzeigen in Zeitungen. Nichts davon zahlte er. Auch seinen Steuerberater und die Krankenkassen seiner Mitarbeiter soll T. geprellt haben. Ebenso Auftraggeber, wie die Anklage weiter auflistet: In zwei Fällen soll er Partnerschaftsverträge geschlossen haben, in denen er sich verpflichtete, Kindertagesstätten komplett einzurichten. Seine Vertragspartner zahlten ihm Vorschüsse - insgesamt 45 000 Euro. Auch dieses Geld hat Klausdieter T. laut Staatsanwaltschaft für sich verbraucht. Der Prozess wird fortgesetzt.

© SZ vom 21.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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