Betrug:Olmekenkopf aus der Fälscherwerkstatt

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Zig Tonnen schwer und Jahrtausende alt - einer der wenigen noch erhaltenen Olmekenköpfe steht im Museum von La Venta in Mexiko. (Foto: Imago)

Das Amtsgericht München verurteilt einen Künstler, der einem Sammler ein unechtes mexikanisches Kunstwerk angedreht haben soll

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Mit einer archäologischen "Rarität" im angeblichen Wert von vielen Millionen Dollar hat ein 63-jähriger Münchner einen Kunstsammler über den Tisch gezogen und um 85 000 Euro erleichtert. Davon ist jedenfalls das Amtsgericht München überzeugt. Der Angeklagte ist in der Verhandlung hingegen hartnäckig bei der Behauptung geblieben, der von ihm angebotene Olmekenkopf sei Jahrtausende alt und echt. Das Gericht glaubte ihm jedoch kein Wort und verurteilte den Künstler wegen Betruges zu einer Bewährungsstrafe.

Als Olmeken, "Leute aus dem Kautschukland", sollen die Azteken ein Volk bezeichnet haben, das lange vor ihnen lebte. Wie diese erste Hochkultur Altamerikas sich selbst nannte, die in einem Gebiet an der heutigen mexikanischen Golfküste zwischen 1200 und 400 vor Christus ihre Blütezeit hatte, ist unbekannt. Hinterlassen haben sie unter anderem Riesenköpfe, aus Stein gemeißelt.

Als Eigentümer einer dieser Kolossalköpfe hatte sich der Münchner Künstler ausgegeben. Seinen etwa 97 Zentimeter hohen "Olmekenkopf" mit den weiteren Ausmaßen 58 mal 75 Zentimeter hatte er in einem Magazin in Riem eingelagert. In den Weihnachtstagen 2012 erzählte er einem Kunstsammler, dass diese Skulptur aufgrund ihrer extremen Seltenheit einen Millionenwert habe. Dazu legte er ihm ein "Gutachten" vom August 1999 vor: In diesem bestätigte ein öffentlich bestellter und beeidigter Sachverständiger für präkolumbianische Kunst, dass er "diese monumentale Skulptur . . . damals auf die Authentizität untersucht" habe "und die beigefügten naturwissenschaftlichen Resultate nur bestätigen" könne. Die stilistischen Merkmale entsprächen "in Proportion und Ausführung den anderen 18 Monumentalköpfen". Der angegebene Wert von 15 Millionen US-Dollar entspreche "etwa auch meiner Wertschätzung, die zwischen 15 Millionen und 18 Millionen US-Dollar" liege, schrieb dieser angebliche Wissenschaftler. Der Sammler hatte daraufhin mit 85 000 Euro einen "Miteigentumsanteil" an dem Steinkopf erworben.

Das Münchner Gericht hat Sachverständige und Zeugen vernommen, um festzustellen, ob es sich um ein echtes Kunstwerk oder eine Fälschung handelt. Das Fazit: "Es handelt sich in Wahrheit um eine neuzeitliche Nachahmung nach antikem Vorbild." Angefertigt habe den Steinkopf ein 2004 verstorbener Freund des Münchners in einer Werkstatt in San Andres Tuxtla, Mexiko. Dieses Falsifikat sei "bestenfalls einen niedrigen vierstelligen Eurobetrag wert".

Nach Ansicht des Gerichts weiche dieser Steinkopf in stilistischer Hinsicht erheblich von den echten Olmekenköpfen ab. Nach Meinung von Experten sei bei der Herstellung auch modernes Werkzeug verwendet worden. "Im Übrigen ist es aufgrund der bisherigen Erkenntnisse an sich so gut wie undenkbar, dass sich ein solcher Olmekenkopf plötzlich in privater Hand wiederfindet", sagte das Strafgericht. In der Verhandlung wurden Bilder vorgelegt, die solch einen Kopf in der mutmaßlichen Fälscherwerkstatt zeigen: Darauf sind an einem Rohling mit roter Farbe die Konturen etwa des linken Ohres vorgezeichnet und werden von Handwerkern abgearbeitet. Diese Vorarbeiten stimmen in Ausmaß und Form exakt mit den Merkmalen des in München stehenden Kopfes überein, den das Gericht als "Fälschungsoriginal" bezeichnet. Zu dem vorgelegten Privatgutachten, in dem die Untersuchungsmethoden nur auffällig knapp beschrieben werden, sagt das Gericht: "Hier liegt der Verdacht nahe, dass der Einsatz in der zukünftigen Verwertung auf der Kunstsammlerszene vorbereitet werden soll."

Als wichtiges Indiz, dass es sich nicht um ein echtes Stück handeln kann, wertet das Gericht auch das Stillschweigen der mexikanischen Behörden. Diese würden ansonsten sehr energisch die Zurückführung sämtlichen Originalkulturgutes nach Mexiko betreiben und deswegen auch mit dem Münchner wegen dessen Kunstsammlung seit geraumer Zeit einen Rechtsstreit führen - davon ausgenommen ist gerade dieser Olmekenkopf. Schon daraus habe der Angeklagte erkennen müssen, dass es sich um eine Fälschung handeln müsse, so das Gericht. Es verurteilte den Mann zu einem Jahr und drei Monaten, dazu muss er 1000 Euro an einen gemeinnützigen Verein zahlen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

© SZ vom 15.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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