Bei Krause zu Hause:Kambodscha weist Käse aus

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Klischees über das eigene Land werden immer dann besonders deutlich, wenn man verreist ist. Das gilt für viele Macken - manchmal gilt es auch für die Brot-Vorlieben

Von Susanne Krause

Deutsche im Ausland vermissen Brot. Richtiges Brot, das Widerstand leistet, wenn man draufbeißt und sich nicht nur deshalb "Vollkorn" nennt, weil drei Sonnenblumenkerne daran kleben. Der deutsche Discounter in Stockholm erhält bei Max und seinen Erasmus-Kommilitonen deshalb bald den Status einer heiligen Halle.

Einen so intensiven Austausch über das Sortiment eines Supermarkts hat man bisher nur bei Hausfrauen jenseits der siebzig gehört. Als ein Backautomat Einzug hält, bekomme ich sogar ein Foto von einem Laib Brot, verbunden mit einer kleinen Ode an seinen Geschmack.

Klischees über das eigene Land werden eben immer dann besonders deutlich, wenn man nicht dort ist. So überrascht es nicht, dass Max' französische Erasmus-Kollegen sich ausführlich darüber austauschen, wo in Stockholm man absurd hohe Summen in Camembert und Roquefort investieren könne.

Noch schwieriger hat es da Elia, die es nicht nach Schweden, sondern nach Kambodscha verschlagen hat. Hier sind die Läden für französischen Käse recht dünn gesät. Deswegen beschließen ihre Eltern, ihr mit einem Fresspaket eine Freude zu machen. Der Karton voll Käse fliegt also einmal um die halbe Welt. Und dann noch einmal. Dazwischen reift er mehrere Wochen auf einem kambodschanischen Postamt, ehe man sich entschließt, das seltsam riechende Paket an den Absender zurückzuschicken. Immerhin: Im Gegensatz zu einer bei tropischen Temperaturen gezüchteten Schimmelkultur in Pappe wirkt ein gutes Stück Tofu für Elia plötzlich nicht mehr ganz so fad. Es gibt eben Dinge, die zu Hause einfach am besten schmecken.

Und dann gibt es die Dinge, die man sich aus der Ferne mit nach Hause nimmt. Bei Max ist das allerdings keine schwedische Delikatesse geworden, sondern etwas, was man glücklicherweise auch in Deutschland leicht bekommt: Er ist dem Brot aus dem deutschen Discounter-Backautomat treu geblieben.

Jugend: Das bedeutet Nestflucht. Raus aus der elterlichen Einbauküche, rein ins Leben. Nur dauert es nicht lange, bis man sich plötzlich einen Pürierstab zum Geburtstag wünscht - oder Sehnsucht nach Mamas Gulasch hat. Eine Kolumne über das Zuhause, was auch immer das sein mag. "Bei Krause zu Hause" erscheint im Wechsel mit der Kolumne "Beziehungsweise". Weitere Kolumnen gibt es im Internet unter der Adresse http://jungeleute.sueddeutsche.de/tagged/ Bei-Krause-zu-Hause

© SZ vom 27.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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