Bei der MVG:Warnung statt Eskalation

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Streik der Tram- und Busfahrer beeinträchtigt Pendler wenig

Von Marco Wedig

Manuela Junge starrt auf die Informationstafel. "Warnstreik", steht dort. Es ist 8.38 Uhr. Seit zehn Minuten wartet sie. Um neun Uhr muss sie am Herkomerplatz sein. Sie arbeitet im Erziehungsdienst. Zuspätkommen ist keine Option. Also steigt sie auf die U-Bahn um und nimmt einen längeren Fußweg in Kauf. Trotzdem zeigt sie Verständnis: "Die werden ihre Gründe haben."

Die - das sind 160 Bus- und Tramfahrer der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), die am Montagmorgen gestreikt haben. Für Manfred Weidenfelder von der Gewerkschaft Verdi ist das ein Erfolg. Er leitet den Streik am Bus- und Bahnbetriebshof Ost. Den Ausstand habe man extra noch in die Ferien gelegt, um die Bürger möglichst wenig zu treffen, sagt Weidenfelder. Die MVG konnte für die Dauer des Streiks nach eigenen Angaben 80 Prozent des Angebots stemmen. Die Tram-Bahnen fuhren im Zehn-Minuten-Takt, die Busse mindestens alle 20 Minuten, letztere aber mit Ausnahmen. So war weder die Stammstrecke völlig überbelastet, noch wimmelte es an den Haltestellen von schimpfenden Passagieren. Es war, wie es Verdi angekündigt hatte, ein Warnsignal.

Die Gewerkschaft fordert eine Erhöhung der Monatsgehälter um 120 Euro. Nach einem Jahr sollen sie um weitere fünf Prozent angehoben werden. Die MVG hingegen will eine Lohnerhöhung an längere Arbeitszeiten koppeln. Die Fahrer sollen freiwillig 40 statt den bisherigen 38,5 Stunden arbeiten können. Der Lohn würde sich dabei um bis zu 14 Prozent erhöhen.

Zwischen 2211 und 2375 Euro brutto verdient ein MVG-Fahrer, zuzüglich Schichtzulagen und Zulagen für Nacht-, Wochen-end- und Feiertagsarbeit. Vielen Streikenden, die Warnwesten tragen, ist das zu wenig. "Fast die Hälfte des Gehalts geht für die Miete drauf", sagt Jacek Kraszewski. Einige Kollegen am Betriebshof Ost stimmen zu. An Mehrarbeit sei nicht zu denken, sagt ein anderer Fahrer. Der Job sei schon stressig genug: der viele Verkehr auf den Straßen, die vielen Beschimpfungen von Seiten der Kunden.

Gespannt warten alle auf die vierte Verhandlungsrunde am Mittwoch - und auf deren Konsequenzen. Ein Fahrerstreik während des Oktoberfestes ist derzeit wohl ausgeschlossen. Sollten die Verhandlungen am Mittwoch scheitern, könnte es aber sein, dass die Münchner am Donnerstag oder Freitag erneut darum bangen müssen, pünktlich mit Tram und Bus zur Arbeit zu kommen.

© SZ vom 12.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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