Bar-Pianist Simon Schott:"Ein Sarg mit Samt und Veilchen"

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Der 91-jährige Bar-Pianist Simon Schott erlebt ein Comeback als Krimi-Autor - seine Bücher werden neu aufgelegt.

Christina Warta

Nicky Foldex ist ein harter Typ. Einer, der nicht lange nachdenkt, bevor er sich wehrt. Aber er ist auch ein sensibler Mann, ein Musiker, genauer: ein Barpianist. Foldex ist der Ich-Erzähler einer Reihe von Kriminalgeschichten, die Titel tragen wie "Ein Sarg mit Samt und Veilchen", "Geheimsitzung Zuflucht 17" oder "Warte an der Ecke".

Comeback mit 91 Jahren: Krimiautor und Bar-Pianist Simon Schott. (Foto: Foto: SZ/oh (Archiv))

Und Foldex ist irgendwie auch Simon Schott, ein junger Pianist aus Deutschland, der im Paris der fünfziger Jahre für fünf Mark die Stunde und eine Zwiebelsuppe in den Bars und Kneipen Jazzstandards spielt - und Krimis schreibt.

Diese Zeit liegt mehr als ein halbes Jahrhundert zurück. Doch der Mann am Klavier spielt noch immer: Simon Schott ist mittlerweile 91 Jahre alt, was ihn aber keineswegs davon abhält, täglich in der Bar des Hotels "Vier Jahreszeiten" in der Maximilianstraße "Autumn in New York" und andere Klassiker zu interpretieren. Schott stammt aus Mühldorf, das Klavierspielen hat er sich selbst beigebracht. Im Zweiten Weltkrieg wurde er als Soldat eingezogen, verteilte später Flugblätter gegen Hitler, flüchtete nach Paris. Kurz darauf marschierten die Alliierten dort ein und befreiten die Stadt.

In den fünfziger und sechziger Jahren spielte Simon Schott in der berühmten "Harry's New York Bar" in Paris für Ernest Hemingway, Humphrey Bogart und Rita Hayworth, für Coco Chanel, Jean-Paul Sartre und Simone de Beauvoir. Doch er spielte eben nicht nur Klavier. Spätnachts, wenn er von seinen Auftritten nach Hause kam, schrieb er jene Geschichten auf, die sich um einen Barpianisten in Paris drehten: Nick Foldex eben, eine Art Alter Ego seines Erschaffers Simon Schott.

Er hat sich dabei seinerzeit, wie viele Krimiautoren, von George Simenon inspirieren lassen - jenem Schriftsteller, dessen Kommissar Maigret seine Fälle weniger aufgrund der Faktenlage als vielmehr mit seinem außerordentlichen Instinkt und seiner Menschenkenntnis löste.

Nun hat der Fischer-Taschenbuchverlag drei der Detektivgeschichten von Simon Schott in einem Sammelband neu aufgelegt. "Die Foldex-Krimis" werden an diesem Freitag präsentiert. Wo? Natürlich im "Vier Jahreszeiten", dem zweiten Wohnzimmer von Simon Schott. Von 19 Uhr an wird der Schauspieler Hans-Jürgen Stockerl aus den Abenteuern von Nick Foldex lesen. Und er taucht natürlich nicht allein in das Paris der Fünfziger ein: Am Piano wird - wie jeden Tag - Nick Foldex alias Simon Schott persönlich sitzen und für die passende Musik sorgen.

© SZ vom 12.12.2008/sonn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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