Band der Woche:PH-Production

Lesezeit: 2 min

Es gab eine Zeit, in der Popmusik noch öfters viel roher, viel unfertiger und viel momentaner klang als heute. Und diesen Sound bringen die jungen Noise-Rocker zurück.

Von Rita Argauer

Die Lust an der Unvollständigkeit ist rar geworden in der Popszene. Ob es jemals wirklich eine Lust daran gab, sei dahin gestellt. Aber es gab eine Zeit, in der Popmusik noch öfters viel roher, viel unfertiger und viel momentaner klang als heute. Das lag zum großen Teil an Aufnahmetechnik, die damals einen natürlichen Übersteuerungseffekt über vieles gelegt hat. Heute hingegen kann sich jede Jugendzentrumskellerband einen aalglatten Gitarren-Sound produzieren. Raue, verzerrt-verhangene Klangwelten sind deshalb sogar in der Underground-Szene selten geworden.

Umso überraschender wirken dann Bands wie PH! Production . Da kracht und schallert es aus den Boxen, dass man regelrecht Angst um die Membrane darin bekommt. Und gleichzeitig überrascht es, wie toll ein latent verzerrtes, weil in der Aufnahme schlicht übersteuertes Schlagzeug klingen kann. Es ist anzumerken, dass PH! Production hauptsächlich als Live-Band agieren, die Aufnahmen sind roh und unfertig und dienen nicht dazu, sich zu den gut produzierten Münchner Indie-Bands zu stellen.

PH! Production spielen in einer anderen Liga, sind weniger interessiert an schicker Produktion als an roher Punk-Ästhetik. Doch die Musik ist dann doch etwas spannender komponiert als das ewige Bumm-Tschak-Gebelle der Punk-Szene. Obwohl man bei der mittlerweile zum Quintett angewachsenen Band die Energie des Punkrocks durchaus hört. Dass PH! Production mehr live gespielt haben, als sich um Fotos, Aussehen oder Aufnahmen zu kümmern, ist der Musik anzuhören. Da schwelt eine Energie, die nur durch viele Konzerte erlernbar ist.

Eigentlich begannen PH! Production als Duo - Schlagzeugerin Sophie Neudecker und Gitarrist Philipp Akrivis kannten sich von verschiedenen Bands schon seit Teenager-Zeiten, ein "experimentelles Umfeld", wie Sänger Vincent Mundinger, der seit gut zwei Jahren dabei ist, erzählt. Sie seien interessiert daran, neue Musikstile auszuprobieren, eben das Bekannte zu verlassen, Genre-Strukturen neu zusammenzusetzen.

Das ist nicht immer leicht zu begreifen, und lässt auch Pop-Appeal vermissen, tut aber genau deshalb auch unglaublich gut. Da werden zwei - mehr oder weniger ziemlich vergrabene - Genres verbunden: Stoner Rock und Noise. Stoner Rock, dieser schwül-schwere Stil, der aus den Wüsten Nordamerikas kam und dessen breite Gitarren zwar latent sediert, aber mit wuchtig prolligem Sound dahin rollten. Und die Schwere dieser Riffs spielen PH! Production mit der flirrenden Hektik der Noise-Szene.

Die Band PH! Production (Foto: Lea Novi)

"Amboss Noise" nennen sie das selbst - und das Bild von einem rostig-zerfallenen Amboss ist dabei ausgesprochen passend. Denn: Die Band, vor einem halben Jahr durch Bassist Eric Felber komplettiert, lässt die schweren Riffs an zerfallendem Krach zerschellen, man ahnt, welche Wucht dieser Stil einst hatte - doch PH! Production schauen ihn sich mit dem abgeklärten Blick der Gegenwart an: Die Rockgitarre ist nur mehr gutväterliches Symbol in Zeiten von Synthie-Bässen.

Anfang 20 sind die Bandmitglieder. Im Herbst planen sie ein Album aufzunehmen, dann werden sie auch beim großen "Sound Of Munich Now"-Festival auftreten. Das nächste Konzert findet allerdings noch in gewohnter Atmosphäre statt: Am Freitag, 3. Juli, im Sunny Red, dem abgeschlagenen Keller des Münchner Feierwerks.

© SZ vom 15.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: