Autokonzern baut an:BMW sucht die Zukunft in Unterschleißheim

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Die Bauarbeiten für das neue Zentrum sind schon weit fortgeschritten. (Foto: Catherina Hess)

In fünf Jahren will der Konzern selbstfahrende, elektrische Autos verkaufen. Das Entwicklungszentrum dafür baut er nun im Münchner Norden - nach einem harten Ringen mehrerer Umland-Kommunen

Von Bernhard Lohr, München/Unterschleißheim

Der Autokonzern BMW schafft in Unterschleißheim ein neues Entwicklungszentrum für autonomes Fahren. Und drückt dabei aufs Tempo: 600 Beschäftigte, die bereits an der Technologie arbeiten, sollen schon von Juli 2017 an in bestehende Gebäude auf dem Business-Campus in Unterschleißheim einziehen. Daneben werden weitere Büro- und Multifunktionsgebäude errichtet. Am Ende sollen 2000 Ingenieure und Computer-Fachleute jenseits der Stadtgrenze im Landkreis München für die Marke BMW das Auto der Zukunft entwerfen: selbstfahrend, elektrisch angetrieben und voll vernetzt. Bereits im Jahr 2021 soll der Wagen unter dem Modellnamen Inext vom Band rollen.

Die bayerischen Autobauer ringen nun um den technologischen Spitzenplatz der Branche. Konkurrenten wie Mercedes, Volkswagen, Fiat-Chrysler, Toyota oder das US-Unternehmen Tesla Motors arbeiten ebenso am selbstfahrenden Auto wie Internetkonzerne, die mit ihren Ideen auf den Markt drängen. Nun will BMW die Welt der alten Industriekonzerne und der Start-ups zusammenführen, um den Wandel zu meistern. Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich sagte am Dienstag, es gelte, flexibel und schnell wie ein Start-up zu handeln und das mit der Kompetenz eines etablierten Unternehmens zu koppeln. Die Entscheidung, die neuen Fahrzeuge im Raum München zu entwickeln und auf den Straßen zu erproben, zeige, wie BMW und "die gesamte Region von diesem Wandel in der Automobilbranche" profitieren könnten.

Die neue Philosophie soll laut BMW auf dem Campus in Unterschleißheim gelebt werden - mit neuen Formen der Zusammenarbeit. Die Beschäftigten sollten in kleinen Fachteams arbeiten, die "wie Schnellboote agieren", sagte Fröhlich. Sie bekämen individuelle Entscheidungskompetenz und sollten unternehmensübergreifend arbeiten. Der Konzern hat sich für das Projekt Partner gesucht, die in Unterschleißheim auch Räume beziehen werden. BMW wird sich mit der israelischen Software-Firma Mobileye, dem Kartendienst Here und dem US-Chiphersteller Intel austauschen. Die Bande ins Silicon Valley wurden kürzlich erst enger geknüpft.

Der Entscheidung für Unterschleißheim ging im Münchner Umland ein hartes Ringen voraus. Die Gemeinde Aschheim und vor allem Haar im Osten der Stadt machten sich Hoffnungen. In Haar hatte die Dibag Industriebau ein auf die Bedürfnisse von BMW hin maßgeschneidertes Konzept vorgelegt, das es erlaubt hätte, bis März 2018 auf freiem Feld ein Entwicklungszentrum für 2000 Beschäftigte zu schaffen. Das war BMW aber nicht schnell genug. Haars Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD) zeigte sich enttäuscht, äußerte aber auch Verständnis. "Wir waren schon ein bisserl darauf eingestellt."

Am Ende sprach einfach zu viel für Unterschleißheim. Dem Vernehmen nach sollte das wichtige Projekt nah an der BMW-Zentrale im Münchner Norden liegen, der als Standort nun gestärkt wird. Dort arbeiten im Forschungs- und Innovationszentrum in Milbertshofen sowie in Garching bereits viele Mitarbeiter an der neuen Technik, die in fünf Jahren serienreif sein soll. Die Stadt Garching ist bereits ein Testgebiet für selbstfahrende Autos, was München im kommenden Jahr werden soll; die nahe gelegene A 9 ist offiziell als Teststrecke ausgewiesen. Die S-Bahn braucht von Unterschleißheim zum Flughafen 15 Minuten, vom Business-Campus zum S-Bahnhof sind es zu Fuß fünf Minuten. Nicht zuletzt findet BMW im Münchner Norden auch interessante, junge Start-ups. An der Technischen Universität in Garching und direkt im Business-Campus in Unterschleißheim existieren Gründerzentren, wo Kreative Ideen entwickeln.

Künftig geschieht das auch im Auftrag von BMW auf etwa 48 000 Quadratmetern Büro- und Werksfläche an der Landshuter Straße - und zwar dort, wo bis vor Kurzem noch die Airbus-Tochter Cassidian 1400 Mitarbeiter beschäftigte. Für Unterschleißheims Bürgermeister Christoph Böck (SPD) ist die Ansiedlung des Autoherstellers aber mehr als ein Wechsel von einem Unternehmen zum anderen. Beim BMW-Projekt gehe es um "Entwicklung" und die Zukunft des Autos. Für den Autokonzern handle es sich um ein "Leuchtturmprojekt", das auch die Stadt Unterschleißheim erstrahlen lasse.

© SZ vom 21.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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