Ausflüge in die Tierwelt:Die Eselflüsterin

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Auf ihrer Eselfarm findet Anahid Klotz Erfüllung. Die ehemalige Unternehmensberaterin gibt jetzt Kurse in Horsemanship, den Umgang mit den Tieren. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Kühe und Schweine gibt es überall. Im Münchner Umland kann man aber auch Tiere besuchen, die nicht so alltäglich sind. Zum Beispiel die Esel von Anahid Klotz bei Pähl

Von Otto Fritscher, Pähl

Esel. Diese unscheinbaren Tiere haben es Anahid Klotz seit jeher angetan. "Schon als Mädchen habe ich immer Bücher gelesen, in denen es um Esel ging. Und wenn wir Kinder mit den Eltern auf dem Land im Urlaub waren, haben wir bei jedem Esel, den ich gesehen habe, angehalten", erinnert sich Klotz an ihre Kindheit, die sie in München verbracht hat. Sie hatte damals schon eine Beziehung, fast könnte man sagen: Mitgefühl mit den Grautieren, "die immer von den Pferden auf der Koppel abgedrängt werden."

Klotz studierte dann Betriebswirtschaft, arbeitete als Unternehmensberaterin und in der Sportartikelindustrie. "Esel hatte ich aber immer im Hinterkopf", sagt sie. Erst ein Umzug nach Oberbayern, auf einen Bauernhof, bot die Chance, selbst so ein Grautier anzuschaffen. "Der Landwirt hat sich gewundert, aber nichts dagegen gehabt." Und wie es der Zufall so will, kam Klotz über einen Bekannten in Kontakt mit Pat Parelli, einem Pferdeflüsterer, der Kurse in "Horsemanship" anbietet. Bei diesem Wort leuchten die Augen von Anahid Klotz. Für sie bedeutet Horsemanship weit mehr als die wörtliche Übersetzung, die Reitkunst lautet. Es ist die Kunst vom Umgang mit den Tieren. "Letztlich geht es um die Equidensprache", sagt Klotz, die Esel, Pferd, Zebra und alle Artverwandten sprechen und verstehen. Der Kern sei, respektvoll, anerkennend und verständlich mit dem Tier zu kommunizieren, "um die besten Ergebnisse zu bekommen, die das Tier bietet", sagt Klotz. Und das beinhaltet für Klotz weit mehr als mal schnell das Fell zu streicheln oder eine Möhre als Belohnung. "Mit Äpfeln und Karotten bin ich zurückhaltend, die sind für die Esel so etwas wie Pralinen für den Menschen", sagt Klotz.

Stundenlang konnte sich Klotz mit ihren Tieren beschäftigen, "arbeiten", wie sie sagt. In der Unternehmensberatung reduzierte sie die Arbeitszeit immer mehr, bis sie ganz ausstieg. Auslöser war ein Kindergeburtstag bei ihr im Stall, der Erwachsene und Kinder gleichermaßen begeisterte. "Da wusste ich, es klappt, wenn ich mich selbständig mache", erinnert sich Klotz. Vor gut zehn Jahren war das, zunächst in Weilheim, jetzt in Pähl, wo sie über ein eigenes Gelände verfügt. Die Zahl der Esel wuchs beständig: "Zuerst war die Lolo da, dann kamen der Eddi, die Walli, der Camillo und so weiter", sagt Klotz. Ihr Mann, ein Landmaschinen-Mechanikermeister, hilft mit Herz und Hand mit.

Klotz arbeitet also mit ihren Tieren. Etwa, indem sie einmal im Monat mit zwei Eseln in ein Starnberger Altenheim fährt. Dort warten die Senioren schon, viele im Rollstuhl. Wenn die Esel hereingeführt werden, kommt Leben in die Gruppe. Die Tiere werden gestreichelt, gebürstet, gekuschelt; die Esel führen kleine Kunststückchen vor, indem sie auf ein Podest steigen. Die alten Menschen halten dabei die Tiere am Seil, bauen sichtlich eine Beziehung zu ihnen auf. "Das ist wichtig, weil diese Menschen sonst nicht mehr so viel erleben", sagt Klotz. Oftmals arbeitet sie aber auch mit Kindern. Etwa wenn eine Inklusions-Schulklasse vorbeikommt, in der behinderte und nichtbehinderte Kinder zusammen unterrichtet werden. Dabei geht es weniger um therapeutisches Reiten. "Bei der Beschäftigung mit den Tieren sollen die Kinder und Jugendlichen mental gestärkt werden, indem sie lernen, Selbstvertrauen aufzubauen und Verantwortung zu übernehmen", erläutert Klotz. So wie neulich bei Fünftklässlern, als es in einem zweitägigen Projekt um das Thema Angst ging. Die Schüler sollten Gegenstände mitbringen, vor denen die Tiere möglicherweise Angst haben könnten. Autoreifen zum Beispiel. "Kinder haben aber vor Autoreifen keine Angst - und schon waren wir mittendrin im Thema", sagt Klotz.

Oft kommen auch Rollstuhlfahrer, schließen mit den Eseln im Stall Bekanntschaft, dann geht es aufs Übungsgelände. Dort striegeln sie die Esel, halten sie am Führseil, animieren die Tiere zu Kunststückchen. "Der Esel ist ein ruhiges, friedliches Tier, viel introvertierter als ein Pferd", sagt Klotz. "Er steht lange ruhig da. Wenn er nervös und schnappig ist, liegt das am Menschen und dem Leben, das er dem Esel in Gefangenschaft bietet", erklärt Klotz. Neben der therapeutischen Arbeit bietet sie aber auch ein- oder zweitägige Wanderungen mit den Eseln an, zu einer Hütte im Ammertal. Sehr beliebt sind nach wie vor die Kindergeburtstage auf der Eselfarm.

Neun Esel hat sie zurzeit, im Sommer kommt der zehnte dazu, Benjamin aus Köln. "Dann sind wir voll", sagt sie und lacht. Was kostet eigentlich ein Esel? "Zwischen 600 und 6000 Euro, wenn es ein schöner, großer, katalanischer Esel ist", sagt Anahid Klotz. Und sie fügt hinzu: "Meine sind natürlich unbezahlbar."

Asinella-Eselfarm, Anahid Klotz, Am Gasteig 4 (Büro), www.asinella.com, Telefon 08808/924280, Besuch nur nach Terminvereinbarung möglich.

© SZ vom 15.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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