Auf der Bühne:Sendung mit der Maus für Große

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Im vergangenen Jahr trat Nachwuchsforscher Joachim Fellmann beim Science Slam im Wirtshaus am Bavariapark auf. (Foto: Stephan Rumpf)

Viele junge Wissenschaftler wünschen sich mehr Publikum und beschreiten dazu neue Wege - bei Science Slams erzählen sie spannende Geschichten

Von Christoph Koopmann, München

Wissenschaftler sein, das gilt gemeinhin nicht als besonders sexy. In der Gelehrtenstube erlebt man halt nicht allzu viel, außer tagelang über drögen Abhandlungen zu brüten. Auf WG-Partys ernten junge Forscher zuweilen irritierte Blicke, wenn sie versuchen, den Fachfremden über die oralen Mikrobiota von frugivoren Fledermäusen aus den Neotropen aufzuklären - zu unrecht, wie einige Nachwuchs-Wissenschaftler beweisen. Sie wollen möglichst unterhaltsam zeigen, wie spannend selbst vermeintliche Nischen-Forschung sein kann. Dazu treten sie bei sogenannten "Science Slams" an, so auch kommenden Dienstag in München.

Angelehnt an das seit einigen Jahren boomende Konzept der Poetry Slams stehen die Wissenschaftler dazu auf einer Kabarettbühne und müssen versuchen, das Publikum in wenigen Minuten von sich und ihrem Thema zu überzeugen. Bei den "Science Slams" sind es zehn Minuten, am Ende stimmen die Zuschauer ab, wer den besten Vortrag gehalten hat - nur gereimt wird im Gegensatz zu den Poetry Slams nicht. Hier erlebe man die Gesichter und Geschichten hinter der langweiligen Floskel "Forscher haben herausgefunden", sagt Sebastian Diez vom Dortmunder Luups-Verlag, der eine deutschlandweite Science-Slam-Tour organisiert. Angefangen hat Luups 2010 mit Wettbewerben in Dortmund und Bochum. Schnell stießen die Slams auf Begeisterung, sodass nach und nach mehr Orte ins Programm aufgenommen wurden. In München veranstaltet Luups kommende Woche bereits den sechsten Science Slam. Offensichtlich kommt das Konzept auch hier gut an, die Veranstaltung in den Kammerspielen ist seit einiger Zeit ausverkauft. Schon in zwei Monaten, am 20. Januar, findet der nächste Münchner Slam statt.

Was ist das Erfolgsrezept der Wissenschaftsunterhaltung? "Mich begeistert der Sendung-mit-der-Maus-Effekt. Man lernt etwas und hat gleichzeitig Spaß beim Zuhören", sagt Sebastian Diez. Oft erzählen die Slammer auch kuriose Geschichten davon, wie sie auf ihr Thema gekommen sind. Nach dem Motto: Was bei Eckart von Hirschhausen funktioniert, können auch andere Studierte. Das ist auch die einzige formale Voraussetzung, um bei den Science Slams auftreten zu können. Und: "Es ist auch wichtig, einen eigenen Forschungsansatz zu haben, von dem man berichten kann", sagt Diez. Deswegen treten bei den Slams zumeist Leute auf, die mindestens einen Bachelor-Abschluss haben, oft auch Doktoranden.

Dabei ist es grundsätzlich egal, aus welcher Fachrichtung der Redner kommt. "Mit Naturwissenschaften hat man es allerdings ein bisschen leichter, weil sich hier schnell Alltagsbeispiele finden", sagt Slam-Organisator Diez. Das schrecke Geisteswissenschaftler oft ab, aber es kämen immer mehr. In München beispielsweise erzählt Alt-Philologe Stefan Merkle, was der Untergang der Titanic mit antiken Sagen zu tun hatte. Lebensmittelchemiker Christoph Wiedmer hingegen entlarvt die faulen Tricks der Ernährungsindustrie. Schlussendlich kommt es immer auf den Sendung-mit-der-Maus-Faktor an. Eine spannende Geschichte, kombiniert mit Spaß und fundierter Information - und schon wird man auf Partys nicht mehr komisch angeschaut.

Wer keine Karten mehr für den Science Slam in den Kammerspielen ergattert hat, kann bereits am Montag, 14.11., einen Slam im Rahmen der Münchner Wissenschaftstage besuchen. Hier geht's zu Infos und Programm.

© SZ vom 11.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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