Amtshaftungskammer:Selbst schuld

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Zwei Unfallverursacher scheitern mit Schadenersatzklagen

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Das Leben ist voller Gefahren, insbesondere das von Autofahrern. So wie im Fall einer Frau, die mit ihrem Kleinwagen unbotmäßig einen Grünstreifen überquert und dabei in ein Schlagloch kracht. Oder wie bei dem Fahrer eines Luxussportwagens, der beim Einparken eine Laterne übersieht. Beide suchten die Schuld allerdings nicht bei sich, sondern wollten den Schaden von der Allgemeinheit ersetzt haben.

Mit ihrem Ford Fiesta war die Frau im Dezember 2013 an der Wasserburger Landstraße gegen die Fahrtrichtung aus einer Tankstelle gefahren. Und zwar über den Grünstreifen, auf dem sie im Dunkeln ein von Schneematsch bedecktes 15 Zentimeter tiefes Schlagloch übersehen hatte und hineingerumpelt war. Dabei war ein Federbein ihres Wagens gebrochen, ein Stoßdämpfer wurde beschädigt. Da es sich um eine Staatsstraße handelt, will sie den Schaden von 645 Euro vom Staat ersetzt haben.

Die Münchnerin wirft dem Freistaat vor, seine Verkehrssicherungspflicht verletzt zu haben. Doch die Amtshaftungskammer am Landgericht München I kann nicht erkennen, dass die öffentliche Hand Pflichten verletzt habe: "Es besteht schon keine Verpflichtung, den Grünstreifen so zu gestalten, dass ein gefahrloses Überqueren möglich ist." Ein Grünstreifen diene auch nicht dazu, in Gefahrensituationen ein Ausweichen zu ermöglich, sagt das Gericht.

"Da der grundsätzlich unbefestigte Grünstreifen somit überhaupt nicht zu Benutzung durch Fahrzeuge vorgesehen ist, braucht auch eine dort befindliche Vertiefung nicht ausgeglichen zu werden", urteilte die Kammer. Das Überfahren des Grünstreifens sei außerdem generell verboten. Die Frau wandte ein, sie habe das nicht absichtlich gemacht, sondern sei einem mit hoher Geschwindigkeit in die Tankstelle einbiegenden Auto ausgewichen. Achselzucken bei den Richtern: Wenn sie einem Zusammenstoß tatsächlich anders nicht hätte ausweichen könne, müsse sie eben den Unfallverursacher verklagen. Klage abgewiesen.

Der Fahrer eines Mercedes Roadster SL 600 wollte die Gemeinde Haar in Regress nehmen. Er hatte den Wagen vor seiner Bank in eine zwei Meter breite Parkbucht gelenkt, an deren Ende ein drei Meter hoher Laternenmast steht. Beim Rausfahren übersah er den Mast: 1517 Euro Schaden. Die Gemeinde müsse dafür haften, meinte er nun vor der Amtshaftungskammer am Münchner Landgericht. Sie habe um die "Gefährlichkeit des Laternenmastes" gewusst. Das Gericht sieht das anders: "Grundsätzlich hat sich der Straßenbenutzer den gegebenen Straßenverhältnissen anzupassen und die Straße so hinzunehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbietet." Auch wenn das Hindernis innerhalb der Parkbucht stehe, "ist ein drei Meter hoher massiver Laternenmast jedoch grundsätzlich für jeden Verkehrsteilnehmer ohne Weiteres gut erkennbar". Zumal in Parkbuchten langsam rangiert werden müsse.

Eine gegebene Verkehrssituation zu erfassen, liege grundsätzlich in der Eigenverantwortung der Fahrer. Zumal beim Rückwärtsfahren erhöhte Anforderungen an die Sorgfaltspflicht zu stellen seien. "Der Kläger hätte sich vergewissern müssen, dass der Raum hinter dem Fahrzeug frei ist und zwar auch in Bereichen, die er nicht übersehen kann", schrieb ihm das Gericht ins Urteil.

© SZ vom 25.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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