Am Sankt-Jakobs-Platz:Anschlag auf alle

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Spaenle und Knobloch verurteilen Angriff auf Ausstellung

Von Jakob Wetzel

Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) hat die Beschädigung einer Ausstellung vor dem jüdischen Gemeindezentrum in München mit scharfen Worten verurteilt. "Das ist ein Anschlag nicht nur auf die Bilder, sondern auf uns alle", sagte er am Dienstag auf dem Sankt-Jakobs-Platz. Dass gerade eine Ausstellung zum 200-Jahre-Jubiläum der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) verunstaltet werde, sei eine Schande. Jetzt sei die wehrhafte Demokratie gefordert. "Wir müssen deutlich machen, dass die Synagoge zu Recht im Herzen Münchens steht."

Wie am Montag bekannt wurde, haben Unbekannte die Ausstellung "Jüdisches Leben in München gestern & heute" auf dem Sankt-Jakobs-Platz beschädigt. Dabei wurden auf mehreren Bildern den gezeigten Personen offenbar mit glimmenden Zigaretten Löcher ins Gesicht gebrannt, meist nach Art eines "Hitler-Bärtchens" auf der Oberlippe. Betroffen sind unter anderem Darstellungen prominenter Politiker und Rabbiner. Die Polizei hat noch keine Erkenntnisse über die Täter; der Sankt-Jakobs-Platz wird videoüberwacht, die Kameras sind aber auf die Gebäude gerichtet, nicht auf die Stellwände der Ausstellung.

Spaenle besichtigte die Verunstaltungen am Dienstag gemeinsam mit IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch. Auch diese sah die beschädigten Stellen zum ersten Mal. "Ich habe mich zuvor geweigert, mir das anzusehen", sagte sie. Ihr sei die Tat unbegreiflich. Beschädigt wurde unter anderem ein Bild ihres Schwagers Roman Knobloch, eines 91-jährigen KZ-Überlebenden. "Was soll ich ihm sagen?", fragte Knobloch. "Aber wir haben vieles erlebt, wir werden auch das durchstehen."

Die Ausstellung ist am 21. Juni zum 200. Gründungsjubiläum der IKG eröffnet worden. Trotz der Beschädigungen zog Ellen Presser, Leiterin des Kulturzentrums der IKG, am Dienstag eine gute Zwischenbilanz. "Es kommen viele Leute, die stehen bleiben und lesen", sagte sie. Die Schäden würden durch diese Resonanz "vollkommen überstrahlt".

© SZ vom 01.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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