Aldi:Angestellte lehnen Betriebsrat ab

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Die Vorbereitung der ersten Betriebsratswahl bei Aldi-Süd ist erneut gescheitert. Bei einer Betriebsversammlung von vier Münchner Filialen am Mittwoch wurde die Bildung eines Wahlvorstands mit großer Mehrheit abgelehnt. Die Gewerkschaft Verdi wirft der Aldi-Spitze vor, Druck auf Mitarbeiter auszuüben und will den Wahlvorstand per Gericht durchsetzen.

Von Bernd Kastner

Bislang gibt es laut Verdi bei Aldi-Süd mit seinen 1500 Filialen in Süd- und Westdeutschland noch keinen Betriebsrat. Am 1. April war schon einmal die erste Phase der Wahl, damals für eine einzelne Münchner Filiale, gescheitert. Mitarbeiterinnen hatten von Schikanen und Einschüchterungen berichtet. (SZ berichtete).

Am Mittwochabend trafen sich die Angestellten in einem Innenstadt-Hotel. Verdi hatte die Mitarbeiter der vier Filialen in Pasing, Großhadern und Neuaubing, die organisatorisch zusammengeschlossen sind, eingeladen. 50 der 54 Wahlberechtigten waren anwesend. Auch ein Geschäftsführer der Aldi-Süd-Regionalzentrale in Eichenau - trotz ausdrücklicher Nicht-Einladung. "Meine Mitarbeiter möchten, dass ich dabei bin", sagte er und verließ erst nach einem Wortwechsel mit Verdi-Anwalt Rüdiger Helm den Saal.

Bei der letzten Versammlung war er trotz mehrmaliger Aufforderung nicht gegangen. Nun drohte Helm mit Strafanzeige, weil laut Gesetz kein leitender Angestellter anwesend sein durfte. Die Marktleiter, die unmittelbaren Chefs der Angestellten, durften dagegen bleiben. Medienvertreter waren als Betriebsfremde nicht zugelassen.

Nach knapp einstündiger Diskussion, geleitet von einem Filialchef, votierten die Angestellten mit 3 zu 47 Stimmen gegen die Bildung eines Wahlvorstands, der die Betriebsratswahl vorbereiten würde. Für Anwalt Helm ist dieses Votum "nicht ungewöhnlich". Auch in anderen Firmen sei der Weg zur ersten Wahl "ein langer Kampf" gewesen. Die Chefs von Aldi-Süd hätten die gesamte Belegschaft "in Stellung gebracht".

Dagmar Rüdenburg von Verdi erklärt: "Wenn die Beschäftigten tatsächlich kein Interesse an einer Mitarbeitervertretung hätten, dann wären sie doch gar nicht gekommen." Weil die Belegschaft fast vollzählig anwesend war, vermutet sie eine "Taktik des Arbeitgebers". Laut Rüdenburg seien die Mitarbeiter mit Taxis zum Versammlungsort gebracht worden.

Helm bezeichnete die Stimmung im Saal als "aufgehetzt". Die Vorgesetzten hätten im Vorfeld abermals Druck auf die Frauen ausgeübt. Außerdem sei intern kommuniziert worden, dass eine Kollegin nur wegen ihrer persönlichen Probleme eine Mitarbeitervertretung fordere. Der Anwalt will nun beim Arbeitsgericht trotz des eindeutigen Votums die Einsetzung eines Wahlvorstands beantragen. Das Betriebsverfassungsgesetz sehe dies vor, wenn die Wahl bei einer Betriebsversammlung scheitere.

Er rechne damit, dass das Gericht in den nächsten Monaten dem Antrag nachkomme. Dagegen wiederum könne Aldi-Süd Beschwerde einlegen. Für die vier Filialen wären fünf Betriebsräte erforderlich.

Laut Verdi hat der Konzern nach der letzten Versammlung reagiert: Die Beschäftigten müssten weniger unbezahlte Überstunden leisten, auch würden ihnen die Dienstpläne früher mitgeteilt. Allerdings berichten zwei der Wahl-Initiatorinnen von neuen Schikanen: Hatice Gülogulu sagt, sie könne ihre Mittagspause nicht mehr so legen, um ihre Kinder vom Kindergarten abzuholen. Jasna Schmidt berichtet, sie werde vom Marktleiter meist allein in die Pause geschickt, um den Kontakt zu Kolleginnen zu unterbinden. Auf SZ-Nachfrage war Aldi-Süd zu keiner Stellungnahme bereit.

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