Agrarpolitik:Milch vom Tetrabaum

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Die nicht enden wollende Debatte über den Windpark kann Martin Lechner nicht nachvollziehen. (Foto: Christian Endt)

Die Arbeitsgemeinschaft Landwirtschaft der Kreis-CSU fordert bessere Aufklärung und gerechte Löhne.

Von Johanna Feckl, Grafing

"Damals galt ein landwirtschaftlicher Betrieb als Beruf mit besten Zukunftsaussichten", erinnert sich Martin Lechner, der Kreisvorsitzende der CSU-Arbeitsgemeinschaft Landwirtschaft: Die Bevölkerung in Deutschland wuchs fortlaufend, es mussten immer mehr Menschen mit Lebensmitteln versorgt werden. Trotzdem habe es auch damals Schwierigkeiten in diesem Gewerbe gegeben, die sich bis heute weiter verschärft hätten, sagt Lechner: sehr viel Arbeit für sehr wenig Geld. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken und die Interessen der Landwirte in der Politik zu stärken, gründete der spätere Vaterstettener Bürgermeister Herrmann Bichlmaier vor 40 Jahren die Arbeitsgemeinschaft Landwirtschaft des CSU-Kreisverbandes.

13 von den etwa 20 Mitgliedern aus dem Gründungsjahr sind bis heute in der Arbeitsgemeinschaft aktiv. Einer von ihnen ist Martin Lechner. Früher besaß der Landwirtschaftsmeister 170 Mastbullen und eine Kälberaufzucht. Das ist nun schon viele Jahre her, denn seit 1994 hat er in seinen Ställen und auf seinen Ländereien nur noch Einstellerpferde. "Die gesetzlichen Auflagen für Landwirte sind immer einengender geworden", sagt der 61-Jährige. Ein Trend, der anhält.

Gleichzeitig blieben die Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse sehr günstig oder wurden sogar noch weiter nach unten gedrückt. Deshalb mussten die einzelnen Bauernhöfe stets wachsen, das gilt auch heute noch: Je mehr Tiere auf einem Hof leben und je mehr Nahrungsmittel angebaut werden, desto mehr kann verkauft werden und desto höher sind die Einnahmen für die Landwirte. Und dieses Mehr brauchen sie für Investitionen, um die gesetzlichen Auflagen erfüllen zu können. Zum Beispiel ein Ausbau des Stalles, damit den Tieren der gesetzlich vorgeschriebene Mindestauslauf zur Verfügung steht.

Der finanzielle Einsatz und der Zeitaufwand, um die umfassenden Gesetzesvorgaben umzusetzen, wurden Lechner zu hoch im Verhältnis zu den Erträgen seiner kleinen Landwirtschaft, die er neben seiner Arbeit in verschiedenen Unternehmensvorständen führte. So geht es vielen kleinen Höfen. "Die werden als erste aufhören", weiß Lechner. Dabei betont er, dass nicht die Auflagen an sich das Problem seien. "Wenn der Gesetzgeber am Bein von jeder Pute eine rote Schleife haben möchte, dann machen wir die hin - sofern der Verbraucher für diesen Mehraufwand dann auch bezahlt." Genau dazu sei der Konsument aber nicht bereit, ist Lechner sicher. Denn Lebensmittel besäßen heutzutage für die wenigsten Mitbürger einen Wert. Er verweist auf die großen Mengen an Nahrungsmitteln, die jeder Haushalt wegwirft. "Kinder lernen schon lange nicht mehr, wo das Essen herkommt." Lechner kenne ein Kind, das dachte, Milch wachse in Tetra Paks an Bäumen - Milch vom Tetrabaum. "Woher sollen diese Kinder als Erwachsene eine Wertschätzung für Lebensmittel nehmen?"

Mit der Arbeitsgemeinschaft Landwirtschaft möchte die CSU den Landwirten eine Diskussionsplattform bieten, um Ideen direkt in politische Prozesse einzubringen, erklärt Lechner. So fordert beispielsweise ein Antrag, dass jede Schulform ein Fach einführen soll, in dem Schülerinnen und Schüler einen nachhaltigen Umgang mit Lebensmitteln lernen. Jeder Mensch greife jeden Tag, wenn er etwas esse, zu den Produkten der Landwirte, sagt Lechner. "Da muss es doch möglich sein, diese zu einem ordentlichen Preis zu verkaufen."

© SZ vom 06.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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