Absturz:Großes Loch im kleinen Lehel

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HRE-Gebäude in München. (Foto: Peter Kneffel/dpa)

Die Hypo Real Estate ruinierte fast das ganze deutsche Bankwesen

Von Caspar Busse

Mitten im beschaulichen Lehel in einem unscheinbaren weißen Bürohaus residierte die Bank. Ganz oben hatte der damalige Vorstandschef der Hypo Real Estate (die kurz nur HRE genannt wurde), Georg Funke, sein Büro, mit einem kleinen Balkon und einem guten Blick über die Stadt. Als er dort vor gut zehn Jahren mal zum Interview empfing, lehnte er sich zurück und sagte: "Immer und ewig aufwärts kann es nicht gehen, das ist klar." Und lächelte dabei - damals gab es die Immobilienbank gerade zwei Jahre, und die Geschäfte und der Aktienkurs der Gesellschaft liefen ziemlich gut, alles war in Ordnung, noch.

Das ist lange her. Denn was in den folgenden Jahren passierte, war ohne Beispiel in der deutschen Bankengeschichte. Das Institut war vehement gewachsen, war viele riskante Engagements eingegangen, hatte den Konkurrenten Depfa übernommen und Aktivitäten nach Irland verlagert, als 2007 die internationale Finanzkrise mit voller Wucht zuschlug.

Die HRE war erst 2003 entstanden. Die Hypo-Vereinsbank, die mittlerweile zum italienischen Unicredit-Konzern gehört, hatte das gesamte Geschäft mit Immobilienfinanzierungen, vor allem mit großen gewerblichen Investoren, ausgegliedert und an die eigenen Aktionäre verschenkt. Zu riskant, lautete die Begründung von HVB-Chef Albrecht Schmidt. Im allgemeinen Immobilien-Hype lief es zunächst blendend, doch bald stellte sich heraus, dass alles auf Sand gebaut war. Der US-Markt brach zusammen, kurze Zeit später die New Yorker Investmentbank Lehman Brothers. Die HRE-Gruppe hatte langfristige Engagements kurzfristig finanziert - und plötzlich fehlte angesichts der weltweiten Krise das Geld. Es tat sich ein Multi-Milliardenloch auf, das schnell geschlossen werden musste, sollte nicht der gesamte deutsche Bankenmarkt kollabieren, was unabsehbare Folge für die Wirtschaft gehabt hätte.

Es folgte ein Krisengipfel auf den nächsten, Bankchef Funke ging, die HRE wurde verstaatlicht, als erstes Bankinstitut in Deutschland seit 1949 . Viele Milliarden an Steuergeldern kostete am Ende die Rettung, die Bank wurde weitgehend abgewickelt. Alles, was problematisch war, wurde in eine sogenannte "Bad Bank" ausgegliedert. Das wenige, was übrig blieb, fungierte fortan unter den Namen Deutsche Pfandbriefbank, das Institut ist seit Juli an der Börse. In der Büros im Lehel arbeiten schon lange andere, und auch die neue imposante Zentrale um die Ecke wurde nie bezogen. Banker wollen heute vom Kürzel HRE nichts mehr wissen.

© SZ vom 23.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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