Abi-Affäre an Münchner Gymnasium:Kleinkrieg in der Schule

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Der Schulleiter des Thomas-Mann-Gymnasiums in München ist suspendiert. (Foto: Michael Koenig)

In der Affäre um einen möglichen Betrug an einem Münchner Gymnasium kommen immer neue Details ans Licht. Offenbar waren der Stadt die Vorwürfe gegen den Schulleiter seit Jahren bekannt. Doch Konsequenzen blieben aus - obwohl es in der Causa extra Nachforschungen in der Schule gab.

Von Katja Riedel

Im Fall des vorläufig suspendierten Schulleiters des städtischen Thomas-Mann-Gymnasiums kannte die Stadt schon seit mindestens zwei Jahren detaillierte Schilderungen über einen angeblich sehr engen persönlichen Kontakt zwischen dem Lehrer und einem damals 16 Jahre alten Schüler.

Diese Details sind Teil eines inzwischen abgeschlossenen Disziplinarverfahrens gegen eine Lehrkraft. Dieser hatte die Stadt vorgeworfen, sich über Schulleiter und den betreffenden Schüler im Unterricht wertend geäußert zu haben. Das Personal- und Organisationsreferat bestätigte dies, wollte zu Einzelheiten aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes betroffener Lehrer und Schüler jedoch nicht weiter Stellung nehmen.

Die Stadt prüft derzeit nicht nur, ob der Schulleiter dem Schüler möglicherweise bei einer Manipulation der Abituraufgaben geholfen haben könnte, indem er ihm die Lösung im Fach Musik vorab zugänglich gemacht hat. Es geht inzwischen auch darum, ob der Lehrer den Schüler womöglich über eine längere Zeit hinweg bevorzugt hat.

Dazu hatte Stadtschulrat Rainer Schweppe in der vergangenen Woche angekündigt, alle verfügbaren Akten zur Prüfung an die Staatsanwaltschaft übergeben zu wollen. Dort sind die Unterlagen laut der stellvertretenden Referatsleiterin Angelika Beyerle am Freitag eingegangen. Teil dieser Akten sei auch das angesprochene Disziplinarverfahren - darunter Fragebögen, die Schüler damals als Zeugen ausfüllen sollten.

In diesen Fragebögen sollten die Schüler nach SZ-Informationen ankreuzen, ob bestimmte Sätze in einer Unterrichtsstunde im März 2011 gefallen seien. Unter diesen Sätzen fand sich offenbar ganz Konkretes: nicht nur, dass der Schüler angeblich eine besondere Beziehung zum Schulleiter unterhalte. Es ging auch um angebliche wertvolle Geschenke zum Geburtstag, zudem wurden gemeinsame private Konzertbesuche und Einkäufe thematisiert und die Beobachtung, dass der Schüler im Büro des Schulleiters ein und aus gehen könne.

Angesprochen wurden auch weitere Gerüchte, dass der Musiklehrer seinem Schüler angeblich das Studium finanzieren wolle. In der Schule ist demnach sehr konkret darüber diskutiert worden, ob möglicherweise ein Kontakt vorliegt, der nicht mehr akzeptabel ist. Und die Stadt kannte diese Vorwürfe im Einzelnen.

Doch aus diesem Verfahren ergaben sich keinerlei dienstrechtliche Konsequenzen für den Schulleiter - obwohl Schüler zumindest einige der Aussagen bestätigt haben sollen. Andere Lehrer der Schule beklagten nach SZ-Informationen bis zuletzt, dass der Schulleiter den musikalisch begabten Schüler immer wieder bei schlechten Bewertungen in Schutz genommen habe.

Auch der Personalrat soll eine dicke Akte geführt haben, in der weitere Handlungen des Schulleiters vermerkt wurden, die Kollegen diesem vorwarfen. Beobachter sprechen von einem regelrechten "Kleinkrieg". Auch Schüler wunderten sich, und zwar über das Verhalten ihres Mitschülers. Der soll häufig im Unterricht gefehlt haben, ohne dass dies für ihn irgendwelche negativen Folgen gehabt habe, beklagen ehemalige Jahrgangskollegen.

Der Schüler selbst hatte über seinen Anwalt in der vergangenen Woche mitteilen lassen, dass er weder beim Abitur gepfuscht noch einen engen persönlichen Kontakt zu seinem Lehrer gepflegt habe. Auch der Anwalt des Schulleiters sagte, dass er zu keinem Schüler ein engeres persönliches Verhältnis unterhalte. Der Kontakt habe sich allein auf schulische Belange bezogen. Die Vorwürfe hinsichtlich des Musikabiturs beruhten allein auf zufälligen Ähnlichkeiten zwischen der Klausur des Schülers und der amtlichen Lösungsskizze.

© SZ vom 06.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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