Ökostrom für München:Sonne, Wind und Wasser

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Nicht mehr Kohle, sondern Sonne, Wind und Wasser sollen die Münchner künftig versorgen. Ab 2015 erhalten die Haushalte nur noch Ökostrom. Damit ist München Vorreiter.

Michael Tibudd

So schnell kann aus einer schwarzen eine grüne Zukunft werden. Nur zwei Jahre ist es her, da musste die Stadt München Kurt Mühlhäuser zwingen, die Finger zu lassen vom Brennstoff Kohle. Der Chef der Stadtwerke München (SWM) wollte im großen Stil in den Bau neuer Kraftwerke für den fossilen Brennstoff einsteigen - und so für die Zeit nach 2020 vorsorgen. Dann wird das Atomkraftwerk Isar 2 abgeschaltet, an dem Münchens Energieversorger mit 25 Prozent beteiligt ist. Die Pläne waren fertig - und dann kam der rot-grüne Stadtrat und verbot sie.

Windrad auf dem Fröttmaninger Müllberg: München soll ab 2015 nur noch mit Ökostrom versorgt werden. (Foto: Foto: Schellnegger)

Nun sieht die Vision der Stadtwerke plötzlich ganz anders aus. Nicht mehr Kohle, sondern Sonne, Wind und Wasser sollen die Münchner künftig versorgen. Und das auch nicht erst 2020, sondern viel schneller: Schon 2015 wollen die SWM 100 Prozent des privaten Strombedarfs in München ökologisch erzeugen - und zwar vollständig in eigenen Anlagen.

Für eine Millionenstadt wie München wäre das eine Revolution. 750.000 Haushalte hat die bayerische Hauptstadt, sie verbrauchen 2,5 Milliarden Kilowattstunden im Jahr. 2025 soll dann auch sämtlicher Strom für Geschäftswelt und Industrie aus erneuerbaren Energien kommen. Das macht den weitaus größeren Teil aus, 7,5 Milliarden Kilowattstunden Strom werden die Stadtwerke dann ökologisch erzeugen müssen.

Um das zu schaffen, wollen sich die Stadtwerke aller denkbaren Energiequellen bedienen. Neben der Investition in einige kleinere Solar- und Windkraftanlagen beteiligen sich die Münchner auch an veritablen Großprojekten: In Andalusien finanzieren sie zu knapp 50 Prozent ein solarthermisches Kraftwerk, das von 2011 an Strom für 30.000 Haushalte liefern soll. Erheblich größer noch wird ein Windpark in der Nordsee sein, an dem die SWM zu einem Viertel beteiligt sind. Wenn er 2013 fertig ist, soll Strom für 140.000 Haushalte die Münchner Klimabilanz aufbessern.

Aber die Energiewende kostet. Jahr für Jahr müssen die Stadtwerke nun eine halbe Milliarde Euro in den sauberen Strom investieren. Das Geld nehmen sie aus dem heutigen Energiegeschäft, denn das läuft bestens: Mehr als 95 Prozent der Münchner kaufen ihren Strom trotz Wettbewerbs noch bei den Stadtwerken, die hinter den vier privaten Anbietern Eon, ENBW, Vattenfall und RWE nach eigenen Angaben der fünftgrößte Energieversorger in Deutschland sind. Besonders pikant: Ein Großteil der Münchner Energiewende finanziert das Atomkraftwerk. "Die Gewinne investieren wir in die Erneuerbaren", sagt SWM-Chef Mühlhäuser. An einer Verlängerung der Laufzeit dieses Geldbringers ist er übrigens nicht interessiert.

München liegt damit voll im Trend. Immer mehr Stadtwerke setzen auf erneuerbare Energien, wollen sich mit eigener Stromerzeugung von den großen Konzernen unabhängig machen. Aber soweit wie die Münchner ging bisher noch keines; was allerdings auch eine Menge mit Kommunalpolitik zu tun hat. Denn anders als die meisten anderen deutschen Großstädte behielten die Münchner ihre Stadtwerke, anstatt sie zu verkaufen - und damit auch den Einfluss auf den lokalen Energiemix.

Der rot-grünen Stadtregierung dürfte der Vorstoß deshalb gleich doppelt gut gefallen. Er macht München klimafreundlich und passt obendrein gut zur bevorstehenden Bundestagswahl. Ob er sich für die Stadtwerke rechnet, ob die Haushalte draufzahlen müssen oder nicht - das wird sich erst in ein paar Jahren zeigen.

© SZ vom 11.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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