Die große Fete beginnt am Sonntag im virtuellen Raum. Nach den großen offiziellen Feierlichkeiten 2008 zu "850 Jahre München" folgt nun der inoffizielle Nachschlag von der Basis: "München 851" nennt sich ein Projekt zum 851. Stadtgeburtstag.
Zehra Spindler sitzt in ihrem Büro in der Aventinstraße und ist schwer beschäftigt. Mal ist ein DJ am Telefon, dann meldet sich ein Clubbetreiber über Twitter, in der E-Mail kündigt eine Galerie ihre Teilnahme an, und dann laufen auch noch die letzten Vorbereitungen für den Start der Myspace-Seite... "München 851" macht schon jetzt viel Arbeit, obwohl das Projekt noch gar nicht angelaufen ist.
Die 40-jährige Erfinderin der ganzen Sache ist selbst verblüfft, was in kürzester Zeit aus einer eher spaßigen Idee heraus entstanden ist: Nach all den aufwändigen 850-Jahr-Feierlichkeiten, so dachte Spindler, könne die Münchner Kulturszene doch spaßeshalber den 851. Stadtgeburtstag groß feiern, als ironisches Aperçu zu dem ganzen Trubel, der um runde Geburtstage veranstaltet wird. Doch schnell stellte sich heraus, dass in dem Scherz einiges Potential steckt. Befreundete Musiker, Künstler und Veranstalter waren begeistert von der Idee, und langsam wuchs in Spindler die Erkenntnis: "Da könnte was dran sein."
Und nun arbeitet sie zusammen mit Tina Schwegler, einer 28-jährigen Grafik-Designerin, und Gerhard Grabsdorf, 44, dem Betreiber des Internet-Kulturmagazins 089.com, mit Hochdruck an "München 851". Zwischen Mai und Oktober sollen eine Fülle von Veranstaltungen unter dem gemeinsamen Logo stattfinden, eine Leistungsschau der Münchner Kulturszene nach dem Motto "Kultur entsteht an der Basis". Zahlreiche kleinere Konzerte, Ausstellungen, Lesungen, Theateraufführungen und Aktionen wird es geben, aber auch einige Großveranstaltungen wie eine Independent-Modenschau Ende Juni mit 2000 Teilnehmern.
Höhepunkt (und finanzielles Rückgrat) soll dann ein "Münchner Kultur-Biergarten" in den ersten zwei Augustwochen sein: An einem zentralen Ort in der Münchner Innenstadt sollen 16 Tage lang Veranstaltungen aller Art stattfinden. Der Ort steht schon fest, verraten will ihn Spindler allerdings noch nicht, "so lange die Genehmigungen noch nicht da sind". Am liebsten hätten sie in der Altstadt während der ganzen Zeit eine temporäre Tagesbar als Anlaufstation, die zusammen mit dem Blumenbar Verlag betrieben werden könnte. Man ist da aber noch auf der Suche nach Räumen.
Normalerweise kostet so ein Projekt eine Stange Geld - Zehra Spindler glaubt fest, dass es auch anders geht. "München 851" ist ein Non-Profit-Unternehmen und verteilt auch kein Geld: Für Finanzierung und Gagen müssen die einzelnen Veranstalter selber sorgen, aber sie profitieren vom gemeinsamen Dach, unter dem die Veranstaltungsreihe steht, und von dem Netzwerk, das dahintersteckt.
Denn darin sieht Zehra Spindler einen besonderen Reiz: "die einzelnen Teilnehmer miteinander zu vernetzen". Auf diese Weise, sagt sie, wird es aller Voraussicht nach zum Beispiel zu einer Zusammenarbeit zwischen der Typographischen Gesellschaft und dem Electro-Club Harry Klein kommen.
Das Herzstück von "München 851" aber befindet sich im Internet. Spindler und Schwegler nutzen dabei vor allem die Möglichkeiten der sogenannten "neuen sozialen Netzwerke", die nichts kosten außer Strom, aber eine größtmögliche Verbreitung innerhalb der Szene garantieren. Im Fall von "München 851" handelt es sich dabei um eine Seite auf Myspace.com, die als zentrale Anlaufstation dient.
Wer an den Veranstaltungen interessiert ist oder selbst etwas veranstalten will, kann sich hier anmelden und wird regelmäßig informiert. Noch bevor die Seite ans Netz gegangen ist, sei die Resonanz enorm gewesen, erzählt Spindler, die auch auf Twitter.com als Kunstfigur "Zehra851" über den Fortgang des Projekts berichtet. So habe etwa "Commander Zdanko" von der Münchner Kultband Freaky Fukin Weirdoz eigens einen Song mit dem Titel "Munich 851" geschrieben, der auf der Myspace-Seite zu hören sein wird.
Spindler und Schwegler sind jedenfalls zuversichtlich, dass sich das Projekt auswachsen wird. Und lassen schon mal anklingen, dass Ende Oktober nicht unbedingt Schluss sein muss. Theoretisch lassen sich ja auch "852 Jahre München" feiern. Erst in 49 Jahren, wenn München 900 wird, dürften dann wieder offizielle Feierlichkeiten mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen.
"München 851" ist von Sonntag an unter www.myspace.com/muenchen851 erreichbar.