TV-Doku:Über Grenzen

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Flüchtlingskinder in Karkamis in der Türkei. (Foto: Johan Schmejkal)

Der Kultursender Arte dokumentiert in einem beeindruckenden Film die "Flucht nach Europa".

Von René Martens

Sechs Autoren, fünf Redakteure, drei sonst miteinander konkurrierende Produktionsfirmen, der Aufwand für die 85-minütige Doku Flucht nach Europa. Der Winter ist außergewöhnlich. Mit der konzertierten Aktion reagieren die Beteiligten darauf, dass die weltweiten Fluchtbewegungen neue Wege der Doku-Produktion erfordern.

Der Film, den Arte am Dienstag zum Auftakt des Themenabends "Europa und die Flüchtlingskrise" zeigt, beginnt in der Türkei, wo 300 000 Menschen in vergleichsweise vorbildlichen Zeltstädten leben, aber zwei Millionen Flüchtlinge sich jenseits der Lager durchschlagen. Später berichtet die Doku aus Regionen, in denen man Grenzzäune für praktikabel hält, etwa aus dem mazedonischen Gevgelija. Im letzten Drittel geht es darum, wie Flüchtlinge in Deutschland und Frankreich leben.

Der erste Teil von Flucht nach Europa, im Oktober ausgestrahlt, ist gerade für den Grimme-Preis nominiert worden. Schon damals war der Passauer Oberbürgermeister Jürgen Dupper einer der Interviewpartner. Die Lage in der Grenzstadt habe sich verändert, sagt er. Es kämen "weniger Menschen als im Herbst", aber, dem Winter entsprechend, "mehr Erschöpfte und gesundheitliche Beeinträchtigte".

Ob Helfer aus Izmir berichten, dass sie, trotz 87 Toten auf dem Seeweg nach Griechenland in den ersten drei Januarwochen, Menschen nicht davon abhalten können, lebensgefährliche Schlauchboote zu besteigen; ob spanische Polizisten illegal Asylsuchende nach Marokko abschieben - sämtliche Eindrücke, die der Film vermittelt, bestätigen, was Naika Foroutan, Integrationsforscherin an der Humboldt-Uni in Berlin, sagt. Europa müsse sich darüber "vergewissern", ob es die Gleichwertigkeit von Menschen zu seinen Werten zähle. Ihre zugespitzte Frage lautet: Sollen Menschen, "die zufällig hier geboren sind", mehr Rechte haben als andere?

Flucht nach Europa , Arte, Dienstag, 20.15 Uhr.

© SZ vom 01.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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