Österreich:Ehrensache

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"Falter"-Chefredakteur Florian Klenk verklagt einen ÖVP-Funktionär, der ihn der Verbreitung von Falschmeldungen bezichtigt. Klenk erhofft sich vom Gericht auch eine juristische Klärung der Frage, was Fake News sind.

Von Cathrin Kahlweit

Der Chefredakteur der Wiener Stadtzeitung Falter, Florian Klenk, hat den Geschäftsführer der ÖVP Niederösterreich verklagt. Der hatte in einer in Ton und Inhalt für einen Parteisprecher höchst ungewöhnlichen Presseerklärung behauptet, Klenk habe "Fake News" produziert und Skandale herbeigeschrieben, die es nicht gibt; Klenk sei ein "eitler Selbstinszenierer". Das Problem: Bis heute hat die ÖVP nicht vermocht, Klenk in einem einzigen Punkt zu widerlegen. Der hatte aufgedeckt, dass die Landesregierung von Niederösterreich für die "Dr.-Erwin-Pröll-Privatstiftung" des Landeshauptmannes über Jahre hinweg mehr als eine Million Euro Fördermittel bereitgestellt hatte, ohne dies jemals öffentlich zu machen und ohne dass die Stiftung je tätig geworden wäre.

Als Pröll, der vergangene Woche als Ministerpräsident abtrat, jetzt im ORF noch einmal danach befragt wurde, reagierte dieser empört und warf dem Moderator "Stumpfsinn" vor. Erklärungen, warum die Subventionen geheim waren, blieb er schuldig. Der Landesgeschäftsführer der ÖVP Niederösterreich wiederum, dem Klenk einen Klageverzicht unter der Bedingung angeboten hatte, dass dieser 1000 Euro an die Dr.-Erwin-Pröll-Privatstiftung zahlt, lehnte jeden Vergleich an.

Der Falter-Chef hatte, wie jetzt bekannt wurde, schon vor drei Wochen eine Art "Musterklage"gegen die Landespartei und ihren Geschäftsführer wegen ehrenrühriger und kreditschädigender Nachrede eingereicht. Schlimmer noch als der Vorwurf der false news, also einer fehlerhaften Information, so Klenk, sei der Vorwurf, fake news, also tatsächlich bewusste Nachrichtenfälschung, betrieben zu haben. Es gebe, steht daher auch in der von ihm eingereichten Klageschrift, "gegen einen Journalisten keinen schlimmeren Vorwurf als die Behauptung, er behaupte wissentlich die Unwahrheit".

Klenk erhofft sich vom Gericht daher auch eine juristische Klärung der Frage, was Fake News sind. Ein ähnliches Verfahren läuft derzeit im US-Staat Colorado, wo der Chefredakteur einer Lokalzeitung in der Hoffnung auf eine Grundsatzentscheidung einen Politiker verklagt hat, der ihm die Verbreitung gefälschter Nachrichten vorgeworfen hatte. Im österreichischen Fall hatte sich übrigens auch Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) bemüßigt gefühlt, dem Falter Fake News vorzuwerfen. Ihm könnte demnächst auch eine Klage ins Haus flattern.

© SZ vom 31.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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