"Newsweek" verliert Mitarbeiter:Bloß runter vom sinkenden Schiff

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Vor einem Jahr gab es beim kriselnden amerikanischen Nachrichtenmagazin "Newsweek" einen Aufbruch. Doch nun folgt die Katerstimmung. Mit dem Redaktionsleiter, dem Chef vom Dienst und dem Verleger verlassen gleich drei führende Köpfe das Unternehmen.

Jörg Häntzschel

Knapp ein Jahr nachdem Tina Brown als neue Chefredakteurin das sieche amerikanische Nachrichtenmagazin Newsweek übernahm und mit ihrer Website The Daily Beast verknüpfte, ist vom neuen Aufbruch wenig zu spüren. Im Gegenteil. Am Montag verließen drei ranghohe Figuren das Unternehmen - ein Zeichen dafür, dass die positiven Nachrichten, die gleichzeitig verbreitet wurden, wohl nicht die ganze Wahrheit erzählen.

Mit einer Auflage von 3,1 Millionen Exemplaren liegt "Newsweek" auf dem amerikanischen Markt hinter "TIME" und vor "U.S. News & World Report" auf dem Mittelrang der "big three", der meinungsbildenden Nachrichtenmagazine. (Foto: dpa)

Edward Felsenthal, der Redaktionsleiter, und Tom Weber, der Chef vom Dienst, kündigten aus eigenen Stücken. Ray Chelstowski, der als Verleger von Magazin und Website fungierte, wurde entlassen. Cheltowski hatte erst vor zehn Monaten bei Newsweek und The Daily Beast angefangen. Seine Aufgabe hatte vor allem darin bestanden, dem desaströsen Anzeigengeschäft aufzuhelfen. Kleine Erfolge konnte er vermelden. Doch auf das Jahr gesehen liegt die Zahl der Anzeigenseiten dennoch 21 Prozent unter dem bereits schwachen Ergebnis von 2010. Der Konkurrent Time hingegen konnte 2011 immerhin ein Prozent mehr Seiten verkaufen.

Tina Brown tat ihr Bestes, die Kündigung in frohe Farben zu kleiden. Sie verkaufte sie als "Umstrukturierung" und meinte, Newsweek entwickle und verbessere sich ständig. Mit dem von CBS kommenden Eric Danetz werde das Unternehmen "viel agiler". Hingewiesen wurde auch auf die um 20 Prozent gestiegenen Einzelverkäufe und eine Zunahme von 2,6 Prozent bei den Abo-Erneuerungen. "Wir haben keine finanziellen Probleme", behauptete Barry Diller, der mit seiner Mediengruppe IAC Co-Eigner von Newsweek und The Daily Beast ist.

Doch selbst, wenn es wirtschaftlich Hoffnung gibt, bleibt unübersehbar, dass weder Newsweek noch The Daily Beast eine große Rolle in der öffentlichen Debatte spielen. Die Abgänge der beiden leitenden Redakteure wurden als Zeichen für den Druck gewertet, unter dem die Redaktion steht. Die New York Times zitiert Newsweek-Mitarbeiter, die von sinkender Moral und häufigen Wutausbrüchen Tina Browns berichteten.

Nachdem Newsweek jahrelang Schulden gemacht hatte, verkaufte die Washington Post, zu der diese zuletzt gehört hatte, sie an den HiFi-Unternehmer Sidney Harman. Vor seinem Tod vor sieben Monaten konnte Harman noch den Zusammenschluss mit The Daily Beast einfädeln und Tina Brown als Chefredakteurin gewinnen.

© SZ vom 16.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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