Hörspiel:Nachhall

Worte für das Unsagbare: "Lockbuch" erzählt von der Liebe und dem Verlassen-Werden, mit Gedichten von Annemarie Bostroem aus dem Jahr 1946. Nach der NS-Zeit suchte sie nach einer neuen Sprache für Zärtlichkeiten.

Von Stefan Fischer

So zeitlos wie die Liebe ist kein anderes Thema. Daher ist es eine schöne Idee von der Dichterin und Performerin Nora Gomringer und der Pianistin Ulrike Haage, für ihr musikalisches, poetisches Hörspiel Lockbuch einen historischen Hallraum zu schaffen: Was Gomringer über die Liebe und das Verlassen-Werden erzählt, wird reflektiert von Gedichten, die Annemarie Bostroem 1946 geschrieben hat. Die hat unmittelbar nach dem Grauen des Nazi-Regimes und der verbalen Zurüstung des Deutschen nach einer neuen Sprache gesucht, in der sich Zärtlichkeiten, Intimitäten und romantische Sehnsüchte ausdrücken lassen.

Auch in der Gegenwart, in der Beziehungen gern mal feige und maulfaul per SMS beendet werden, muss ein ernst zu nehmendes Vokabular der Liebe (und Enttäuschung) immer wieder neu entdeckt werden. Als Sprecher ist neben Gomringer selbst der wunderbare David Bennent zu hören; der Chor des NDR sowie die Mezzosopranistin Christa Diwiak und der Bariton Christfried Biebrach singen. Ihnen gelingt mit Lockbuch eine wahrhaftige Verlockung - in größtmöglicher Distanz zu Schwulst und Kitsch.

Lockbuch , NDR Kultur, 20 Uhr.

© SZ vom 01.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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