Großbritannien:Weiter tanzen

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"Qualitativ hochwertige, markante Inhalte" soll die BBC künftig herstellen, fordert der Kulturminister. Und dabei weniger auf die Quoten schielen. (Foto: Peter Nicholls/Reuters)

Kulturschaffende hatten radikale Einschnitte bei der BBC befürchtet. Doch das Weißbuch fällt brav aus. So seien etwa auch Mainstream-Shows weiterhin erwünscht.

Von Christian Zaschke

Seit Monaten war darüber spekuliert worden, was John Whittingdale der BBC antun würde. Der britische Kulturminister gilt als einer der prominentesten Kritiker des Senders, und zuletzt hatten viele Kulturschaffende die Sorge geäußert, er werde sich dafür einsetzen, dass der Sender beschnitten und deutlich stärker reguliert wird. Am Donnerstag hat Whittingdale im Parlament ein Weißbuch vorgestellt, in dem er seine Vorstellungen von der Zukunft der BBC umreißt. Die Pläne sind weit weniger radikal als angenommen.

Hauptbotschaft ist, dass die BBC auch in den kommenden elf Jahren mit Gebühren finanziert wird. Derzeit zahlt jeder Haushalt eine jährliche Gebühr von 145,50 Pfund, rund 185 Euro. Diese soll bis mindestens 2022 in Anlehnung an die Inflationsrate steigen. Das Kontrollgremium BBC Trust wird abgeschafft. An seine Stelle soll ein neues Gremium treten, dessen Mitglieder maximal bis zur Hälfte von der Regierung bestimmt werden können. Dieser Punkt ist strittig, weil die BBC mehr als die Hälfte der Mitglieder selbst aussuchen will. Weiterhin sollen künftig die Gehälter aller Moderatoren offengelegt werden, die mehr verdienen als Generaldirektor Tony Hall. Dieser erhält 450 000 Pfund im Jahr.

Die Kompetenzen der BBC werden in einer Royalen Charta geregelt. Diese wird alle zehn Jahre aktualisiert. Die aktuelle Charta läuft am Jahresende aus, die neue wird nun auf der Grundlage des von Whittingdale vorgestellten Weißbuchs erarbeitet. Sie gilt von 2017 an und wird ausnahmsweise elf Jahre lang gültig sein, sodass der nächste Termin zur Verlängerung ziemlich genau zwischen zwei Parlamentswahlen liegt. Damit soll verhindert werden, dass die Zukunft der BBC im Wahlkampf politisch instrumentalisiert wird.

Ursprünglich hatte Whittingdale angedeutet, er könnte der BBC untersagen, populäre Sendungen wie die Tanzshow Strictly Come Dancing zu produzieren, weil das private Anbieter ebenso gut könnten. Nun sagte der Minister, er habe ausdrücklich nichts dagegen, dass die BBC auch Mainstream-Sendungen produziere. Sie solle sich jedoch darauf konzentrieren, "qualitativ hochwertige, markante Inhalte herzustellen, die informieren und unterhalten und für alle Zuschauer etwas bieten". Zum Punkt der "markanten Inhalte" sagte der Minister, die Verantwortlichen im Sender sollten sich stets fragen, ob die geplanten Formate innovativ und hochwertig genug seien, und nicht - vielleicht auch für deutsche Programmverantwortliche interessant -, ob sie gute Quoten brächten.

Die politischen Beobachter auf der Insel gehen davon aus, dass Whittingdale die Ressourcen der BBC ursprünglich deutlich einschränken wollte, aber von Premierminister David Cameron und Finanzminister George Osborne gebremst wurde. Es hatte sich abgezeichnet, dass radikalere Pläne zu massiver Kritik aus der Kulturszene geführt hätten. Die Regierung hat allerdings in Anbetracht des wegen der anstehenden Abstimmung über die EU-Mitgliedschaft angespannten politischen Klimas keinerlei Interesse an einer groß angelegten Auseinandersetzung mit der kulturellen Intelligenzia des Landes - zumal diese in einem Punkt größtenteils mit dem Premier einig ist: Sie will, dass Großbritannien in der EU bleibt.

© SZ vom 13.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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