Bauer-Verlag gegen Presse-Grosso:Die Systemfrage

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Zeitungen, Zeitschriften und Magazine - wie sie künftig vertrieben werden, ist Gegenstand eines juristischen Konflikts. (Foto: dpa)

Ist es ein "schwarzer Tag für die Presselandschaft in Deutschland"? Oder kann der deutsche Pressevertrieb nun "modern und marktwirtschaftlich" organisiert werden? Bauer Media hat sich vor Gericht gegen die Presse-Grossisten durchgesetzt - mit schwer absehbaren Folgen.

Von Jens Schneider

Erst einmal geht es in diesem Streit um Geld, um Konditionen für Großhändler und Verlage. Aber es steht mehr auf dem Spiel im seit langem schwelenden Konflikt um die Zukunft der Presse-Grossisten, vielleicht ein wichtiger Garant der Pressefreiheit. So spricht der Grosso-Verband an diesem Mittwoch von einem "schwarzen Tag für die Presselandschaft in Deutschland". Die Folgen eines Urteils vom Oberlandesgericht Düsseldorf, heißt es bei den Grossisten, seien unabsehbar.

Ganz anders sieht es die Hamburger Bauer Media Group, der Kontrahent, der triumphieren kann. Konzerngeschäftsleiter Andreas Schoo freut sich, dass begonnen werden könne, "den deutschen Pressevertrieb modern und marktwirtschaftlich zu organisieren." Es sei gut, dass Bauer "jetzt endlich faire und angemessene Handelsspannen pro Grosso-Gebiet aushandeln könne".

Tatsächlich könnte die Entscheidung zum Ende des Presse-Grosso in seiner bisherigen Form führen. Der Bauer Verlag setzt seit langem viel Energie daran, das System des Presse-Grosso zu verändern. Kritiker sagen, Bauer wolle es zerstören, um seine Marktmacht als Großverlag mit vielen Publikumszeitschriften wie Bravo, InTouch oder Tina richtig ausspielen zu können - und mittlere oder kleinere Verlage an den Rand zu drängen.

Auch Chancen für Neugründungen

Derzeit liefern rund 60 Grosso-Unternehmen deutschlandweit jeweils in ihren Gebieten Zeitschriften und Zeitungen in die rund 122 000 Verkaufsstellen. Dabei sollen alle Publikationen gleich behandelt werden, was auch Neugründungen die Chance bietet, auf den Markt zu kommen. Vom Prinzip her räumen die Grosso-Unternehmen den Verlagen gleiche Konditionen ein. Die Grossisten, die Verlegerverbände von Zeitschriften und Zeitungen wie auch der Bund haben viel getan, um dieses System zu erhalten.

Bauer drängte seit langem darauf, dass der Verlag mit einzelnen Grossisten direkt über seine Konditionen verhandeln kann, nicht mehr mit ihrem Verband. Das dürfte dem Verlag bessere Konditionen bringen. Die Grossisten wehrten sich. Nun hat das OLG in Düsseldorf unter Verweis auf das Kartellrecht Bauer Recht gegeben und entschieden, dass der Verband keine einheitlichen Bedingungen für alle Grossisten mehr aushandeln darf. Nach dem Urteilsspruch darf der Bundesverband seine Mitglieder auch nicht auffordern, individuelle Verhandlungen mit einzelnen Verlagen zu verweigern.

Bauer sieht, ganz zufrieden, das Ende "des Preis- und Konditionen-Kartells" gekommen und bietet Gespräche für die Zukunft an. Kritisch werten dagegen die anderen Verlage das Urteil. In einer gemeinsamen Stellungnahme sprechen der BDZV, der Verband der Deutschen Zeitungsverleger, und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger VDZ auf Nachfrage von einem Urteil, das "bedauerlicherweise die Besonderheiten des Pressevertriebs verkennt". Diese Besonderheiten seien eine Grundlage für die in Deutschland weltweit einzigartige Pressevielfalt.

Der Verband der Grossisten warnt vor schwerwiegenden Folgen. Wenn es bei diesem Urteil bleibe, " wäre der Marktzugang für mittelständische Verlage sowie kleinere und mittlere Verlage deutlich erschwert". Der publizistische Wettbewerb könne nur durch ein neutrales Netz wie das Grosso gewährleistet werden. Die Benutzung dieses Netzes müsse allen Marktpartnern zu vergleichbaren Bedingungen offen stehen. Man sieht die Sache aber nicht als beendet an. Die Grossisten wollen gegen das Urteil eine Nichtzulassungsbeschwerde einlegen. So geht das Ringen wohl in die nächste Runde.

© SZ vom 27.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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