Wiener Opernball:Die Essenz Österreichs

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Logen-Dramatik und Staatskabarett: Ein Gespräch mit Dominic Heinzl, dem am meisten gefürchteten Klatschreporter Österreichs, über den Wiener Opernball.

Angelika Slavik

Dominic Heinzl steht an der Bar eines Restaurants in der Wiener Innenstadt, er telefoniert. "Ich bin nicht sauer", sagt er, "wenn ich sauer wäre, würdest du's merken." Das Gespräch endet mit "Bussi! Baba!" Dominic Heinzl ist der am meisten gefürchtete Klatschreporter Österreichs.

Bussi Bussi, Winke Winke: Der Wiener Opernball wäre ohne Richard Lugner und seine Damen (im Bild links Dita Von Teese und Bettina Kofler) nur halb so schön. (Foto: Foto: Gettyimages)

SZ: Herr Heinzl, am Donnerstag ist Opernball - schon in Vorfreude?

Dominic Heinzl: Der Opernball ist das Beste, was einem als Gesellschaftsreporter passieren kann, auch wenn es ein irrsinniger Stress ist. Man müsste ja überall gleichzeitig sein, um alle großen und kleinen Dramen an diesem Abend mitzubekommen. Und natürlich ist die Mischung reizvoll: Es sind Künstler da, und solche, die sich dafür halten, aber auch Politiker und Wirtschaftsbosse, normalerweise zumindest. In diesem Jahr ist die Promi-Dichte ja ein bisschen geringer.

SZ: Wegen der Wirtschaftskrise - die Logen sind teuer.

Heinzl: Die Krise ist doch nichts als eine blöde Ausrede. Es gibt zwei Gruppen von Gästen am Opernball: Zum einen Schauspieler, Sternchen, schräge Vögel, die da hingehen, weil sie sich gerne aufbrezeln, weil sie gerne sehen und noch lieber gesehen werden. Die sind diesmal natürlich auch da. Banker und Politiker gehören überwiegend zur zweiten Gruppe: Die müssen hingehen, weil das von ihnen erwartet wird, das Ganze ist ja auch ein Staatsball. In Wirklichkeit haben sie aber keine Lust, den ganzen Abend in einem Frack zu stecken, der jedes Jahr ein bisserl enger sitzt. Da muss jetzt die Krise als Ausrede herhalten. Dabei sind die Logen längst bezahlt, die Unternehmen ersparen sich also überhaupt nichts, sie schicken einfach Leute aus der dritten Reihe hin. Aber der Herr Vorstandschef muss sich dann natürlich keine unangenehmen Fragen gefallen lassen.

SZ: Ist es nicht antiquiert, sich im 21.Jahrhundert noch rauszuputzen wie zu Kaisers Zeiten und zu so einer steifen Veranstaltung zu gehen?

Heinzl: Steif ist es ja nur für die, die wirklich arm dran sind, also für den Bundespräsidenten und den Bundeskanzler. Beide stehen den ganzen Abend in ihrer Loge und empfangen. Da werden die Leute durchgetrieben, der Herr Botschafter sowieso, die Frau Charity-Lady, so geht das dahin. Für alle anderen ist es überhaupt nicht steif, vor allem in den Gängen hinter dem Ballsaal haben es einige richtig lustig.

SZ: Schauspielerin Grace Jones soll 1996 besonders viel Spaß gehabt haben.

Heinzl: Man sagt, sie hätte sich mitten in der Loge mit einem jungen Mann vergnügt. Bis heute weiß kein Mensch, ob das stimmt, aber es ist eine super Geschichte. Größere Aufregung gab's nur im Jahr 2000, als der Kabarettist Hubsi Kramer als Hitler verkleidet zum Ball gekommen ist und die damalige FPÖ-Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer zum Tanzen auffordern wollte - ein Riesenskandal. Die Sicherheitsleute haben ihn dann auch ziemlich unsanft hinausbegleitet.

SZ: Braucht ein guter Opernball immer einen handfesten Skandal?

Heinzl: Als Reporter wünscht man sich das natürlich, aber es gibt auch Jahre, da muss man sich mit Skandälchen zufriedengeben. Manchmal reicht es aber, dem einen zu erzählen, was ein anderer über ihn gesagt hat und dann einfach mal abzuwarten, was passiert. Man legt ein paar kleine bunte Knallerbsen aus und freut sich, wenn einer draufsteigt.

SZ: Die eine oder andere Dame der Wiener Gesellschaft spricht ja nicht mehr mit Ihnen.

Heinzl: Nur die, die nicht über sich selbst lachen können. Wenn man so gern ins Fernsehen will, muss man ein bisschen Fähigkeit zur Selbstironie mitbringen. Bei jeder Kleinigkeit zu schreien, mit dem Heinzl red' ich nicht mehr, der ist immer so gemein - ist doch lächerlich.

SZ: Beim Baumeister Lugner passiert das ja eher nicht, der redet immer.

Heinzl: Zu einem Mikrofon kann der Lugner nicht nein sagen, und das ist auch gut so. Der Opernball wäre ohne ihn nur der halbe Spaß. Er lädt ja immer einen prominenten Gast ein. In den vergangenen Jahren waren das bevorzugt Damen, die sich mittels Dekolleté qualifizierten, wie Pamela Anderson und Carmen Electra. Das ist schon deshalb lustig, weil die noblen Wiener Damen über solche Logennachbarn gar nicht lachen können. Der Lugner entehrt den Opernball, schimpfen die dann immer. Während des Balls kommt er dann alle zwei Minuten aus seiner Loge und berichtet den Reportern, was gerade passiert ist. Und freut sich, dass alle an seinen Lippen hängen und Fotos von ihm machen.

SZ: Klingt nach einer skurrilen Veranstaltung.

Heinzl: Ist es auch, aber das macht ja auch die Faszination aus: Die Traditionen, der Pomp, die Etikette. Und zwischendrin werden Geschäfte gemacht, es wird rumgezickt, irgendwo schüttet ein unachtsamer Besucher seiner Begleiterin Rotwein übers Kleid oder ein Politiker gibt betrunken ein Interview. Und über allem thront der Lugner, als heimlicher König des Spektakels. Alles zusammen ist manchmal skurril, aber eben auch sehr, sehr charmant. Österreich in konzentrierter Form, wenn man so will.

© SZ vom 18.02.2009/bre - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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