Tiere:Zum Knutschen

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Giraffen haben ein ganz besonderes Muster, komische Höcker auf dem Kopf und Beine wie Topmodels. Ihr praktischstes Körperteil aber ist ihre Zunge.

Von Philipp Crone

Was man mit einer Zunge alles machen kann, die so lang ist wie der ganze Arm eines Menschen? Eine ganze Menge. Limba, die fünf Jahre alte Giraffe im Münchner Tierpark Hellabrunn, steht in ihrem Gehege und lässt ihre Zunge in den Eimer des Pflegers schlängeln, der Futter mitgebracht hat. Die Zunge ist blau und rau, von einer dicken Hornhaut umgeben, wie wir Menschen sie an den Füßen bekommen, wenn wir viel barfuß laufen. Limba kann damit die Äste von Bäumen ablutschen, sogar von Schirmakazien, die in Afrika wachsen, wo Giraffen in freier Wildbahn leben.

Schirmakazien haben Dornen, die so lang sind wie Finger von Erwachsenen. Wegen der Hornhaut stört das Limba nicht. Sie zieht die Blätter auf der Baumkrone einfach ab.

Wenn sich Limba aufrichtet, kommt sie an Blätter in fünf Meter Höhe, kann also locker den Blumenkasten auf dem Balkon im ersten Stock leerfressen. Limbas Vorteil ist ihre Größe, denn: Viele andere Tiere fressen auch Pflanzen, aber keins kommt so weit nach oben.

So gut das da oben mit dem Essen klappt, das Trinken geht eher schwer. Dafür muss die Giraffe ihre Vorderbeine seitlich abspreizen, um mit dem Kopf bis runter zum Wasser zu kommen. Dann muss sie fast im Kopfstand auch noch schlucken. Die Beine einer Giraffe sind gleichzeitig auch ihre Verteidigung gegen Feinde. Giraffen können etwa genauso schnell rennen wie Löwen, bis zu 50 Kilometer pro Stunde. Und wenn sie doch eingeholt werden, treten sie mit ihren Beinen aus, sowohl nach hinten als auch seitlich. Ihre Tritte sind so stark, dass sie einen Löwen töten können.

Im Zoo ist das natürlich anders. Da lauert keine Gefahr durch Raubtiere wie in Afrika. Und da kommt das Futter für die Tiere, von denen jedes einzelne so viel wiegt wie ein ganzes Auto, nicht vom Baum in fünf Meter Höhe, sondern wird mit der Zunge aus dem Eimer des Pflegers geangelt.

Limba und die zwei anderen Giraffen im Münchner Zoo haben neulich mit ihren Zungen was ganz anderes angestellt. Direkt neben dem Gehege sind Steckdosen und Stromkabel, die den elektrischen Zaun rund um das Gehege versorgen. Mit ihrer Zunge zogen die Giraffen den Stecker aus der Steckdose und schalteten so den Zaun ab. Bis die Pfleger das gemerkt hatten, konnten sich die Tiere einen Tag lang weit hinauslehnen - und die umstehenden Bäume kahl fressen. Was man mit so einer Zunge eben alles so machen kann.

© SZ vom 10.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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